BMW: Nocken-Paule an Bord

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Furiose Darbietung: Der Turbo-Sechszylinder des BMW M235i ist in der Klasse eine schillernde Extravaganz.

(c) Die Presse (Clemens Fabry)

BMW hat den Turbo in der Formel 1 nicht eingeführt – das war Renault –, aber die Münchner waren die Ersten, die damit Weltmeister wurden. Das war 1983, mit Nelson Piquet im Brabham-BMW. Der 1,5-Liter-Motor vom legendären Motorenchef Paul „Nocken-Paule“ Rosche hält den inoffiziellen Rekord als stärkster unter all den Monster der Zeit: errechnet (Prüfstände gab es dafür keine) bis 1500 PS im Qualifying!

Das wohlige Gruseln kehrt ansatzweise zurück mit den Turbomotoren, die BMW wieder in den schnelleren Straßenmodellen einsetzt. Der M235i mag nicht als vollwertiges M-Modell gelten – mit einem M2 ist schließlich noch zu rechnen –, aber das ist bloß Nomenklatura: für den Petrolhead völlig unbedeutend. BMW hat den gepflegten Irrwitz des aufgeladenen Dreiliter-Reihensechsers nur diskret gekleidet. Wenn man da an den 2002 Turbo denkt, der seinen „Turbo“-Schriftzug spiegelverkehrt auf der Frontschürze trug, damit man beim Blick in den Rückspiegel gleich Bescheid wusste: Der M235i ist ein nahezu unauffälliges, kompaktes Coupé zwischen dynamisch und elegant, dem nur Fans und Experten die heiße Fracht im Motorraum ansehen. Im Stadtverkehr kann man sich im Eco-pro-Modus Enthaltsamkeit auferlegen, da schweigt der Motor an der Ampel und hat es nur die Achtstufen-Automatik eilig – nämlich möglichst schnell in einen hohen Gang zu kommen. Geht man vom Gas, plotzt es nicht etwa rennmäßig aus den zwei Endrohren, stattdessen segelt man dahin mit der Drehzahl auf Standgas. Wäre man nur auf diese Weise unterwegs, könnte man sich die ausgerufenen 7,6 Liter Normverbrauch wohl vornehmen. Oder gleich auf einen Prius umsteigen.

Bei günstiger Gelegenheit erwacht aber der Nocken-Paule im 235er. Die zwei Rädchen des Twin-Scroll-Turbos entfachen einen sagenhaften Zorn des Reihensechsers. Brutal und mit langem Atem wird die Hinterachse unter Druck gehalten. Diese wohlige Übermotorisierung rechtfertigt das M-Badge hundertmal. Zumal das Fahrwerk, die empfehlenswerte Achtgangautomatik und die vorauseilend mitdenkende elektromechanische Lenkung den Nocken-Paule kompetent verwalten. Der M235i ist deshalb der Geheimtipp unter den heutigen BMW, vor allem, wenn der teure neue M3 unerreichbar bleibt. 

BMW M235i Automatik

Was bei BMW einmal das 3er-Coupé war, übernimmt heute der 2er in Knackigkeit und Größe.

Preis: 53.520 Euro Motor: 3,0-l-Reihensechszyl.-Turbo Leistung: 326 PS bei 5800/min; 450 Nm Gewicht: 1470 kg 0–100 km/h: 4,8 Sekunden Verbrauch: 8,1 l/100 km; CO2: 176 g/km

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