Ein Heckflügel wie eine Jausenbank

Impreza WRX STI
Impreza WRX STI (c) Carl Lyttle
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Vor 20 Jahren etablierte Subaru ein sperriges Kürzel unter Freunden schneller Autos: Der Impreza WRX STI war der Rallyewagen des kleinen Mannes. Wie viel Zauber vermag die aktuelle Auflage zu verbreiten?

Nicht übertrieben: Es gab Damen, die weigerten sich, in das Auto einzusteigen. Das komische Loch in der Motorhaube, die goldenen Felgen, erst recht die Jausenbank auf dem Kofferraumdeckel: einfach urpeinlich. Untröstlich traten wir die Fahrt allein an.

So ungefähr verhielt sich das vor zehn Jahren mit dem Subaru Impreza, der sich, anders als ein Golf GTI, gleich mit zwei Kürzeln hervortat: WRX STI. Das eine verweist auf den Zweck der Übung, die Teilnahme Subarus an der Rallyeweltmeisterschaft (WRC), das andere ist die Sportabteilung des kleinen japanischen Herstellers. Der stieg 1993 in den Bewerb ein, um sich ein bisschen einen Namen zu machen, was tatsächlich schon zwei Jahre später zum ersten WM-Titel führen sollte. Subaru wurde noch zwei weitere Male Weltmeister in der Fahrerwertung, aber der erste Titel mit dem charismatischen Schotten Colin McRae am Steuer strahlte am hellsten. Der Fahrer ein Draufgänger, der Impreza ein Newcomer im Fach.

Aufgebrezelt

So sah die Straßenversion dann auch aus: eine aufgebrezelte Familienlimousine. Das Loch in der Motorhaube war eine nicht zu knapp geschnittene Hutze, durch die der auf dem flachen und tief eingebauten Boxermotor liegende Ladeluftkühler Kühlluft zugeführt bekam. Die Leistung wurde dem Vierzylinder mit einem Turbolader abgepresst, und damit das Heck bei hohem Tempo auf der Straße blieb, setzte man einfach einen riesigen Heckspoiler auf den Kofferraumdeckel. Mit blitzblauer Lackierung und goldenen Felgen übernahm man die Kriegsbemalung der Rallyeeinsätze.

Das fanden nicht alle so geschmackssicher. Es war allerdings gar kein Schaden, im Impreza allein unterwegs zu sein. Sinn ergab das innen völlig schmucklose Auto erst, wenn man es rallyemäßig fuhr (oder es zumindest versuchte). Zunächst gab es sich sperrig: Das Turboloch war groß genug, um Vermisste darin zu vermuten, und der Allradantrieb verschränkte sich ächzend in engen Kurven. Weshalb diese auch am besten im Drift zu nehmen waren.

Tatsächlich gab es zur Blütezeit des WRX STI kaum ein Auto, das man so sagenhaft quer fahren konnte, und zwar umso besser, je widriger die Wetterverhältnisse. Zum Querstellen reichte ein entschlossener Lastwechsel oder etwas Nachhelfen mit der Handbremse, dann brauchte man nur die Drehzahl für den vollen Ladedruck beisammen zu haben, und einem formvollendeten Drift über alle vier Räder stand (hoffentlich) nichts im Wege. Auf Schneefahrbahn konnte allenfalls der Mitsubishi Evo mithalten, mit der im Grunde gleichen Rezeptur: Turbo, Allrad, jedoch kein Boxer.

Für einen Subaru war der WRX teuer, für sein Kaliber allerdings nicht. Es gab ihn sogar als Kombi. Über Jahre hielt sich der Impreza als verehrter Held der englischen Automagazine – als Rallye-Auto des kleinen Mannes, das auf der richtigen Strecke einen dreimal so teuren Porsche blamieren konnte.

2005 war das letzte Jahr von Subaru in der Rallye-WM, das Label lebt freilich weiter. Nur sind die rebellischen Heydays wohl vorbei. Oder doch nicht?

Bei Subaru in Österreich ist man froh, das aktuelle Modell überhaupt anbieten zu können, es ist auch mit Verspätung eingetroffen. Die Eckdaten: Der WRX STI (mittlerweile ohne Impreza im Namen) ist länger geworden als der Vorgänger und hat dank erweiterten Radstands mehr Platz im Innenraum. Der 2,5-Liter-Boxer leistet 300 PS, nicht zuletzt der für einen Vierzylinder große Hubraum vermag letzte Reste eines Turbolochs zu überspielen. Auf gesperrter Strecke hätten wir uns den neuen Jahrgang etwas kompromissloser, mehr hardcore gewünscht, doch für die Straße ist die Balance vermutlich gut getroffen. Es ist ja alles ein bisschen vernünftiger dieser Tage.

Als technisches Wunderwerk rühmt Subaru die Differenzialsteuerung, die den Allradantrieb optimal zur Geltung bringen soll. Mit den vielen Einstellungen muss man sich allerdings intensiv befassen, wir beließen nach kurzer Zeit alles im Automatikmodus.

Auf trockenem Asphalt ist der Subaru schnell und präzise, doch das ist die vergleichbare Konkurrenz mittlerweile auch. 300 PS sind heute auch von Volkswagen zu haben, übrigens ebenfalls mit Allradantrieb im superben Golf R. Mag sein, dass der Subaru auf nasser Fahrbahn die letzten Trümpfe ausspielen kann, wir waren bedauerlicherweise mit Schönwetter gestraft. Zum Vorgänger ist der WRX STI gar um fast 6000 Euro billiger geworden. Die sind freilich schnell in Sprit investiert. Gottlob sind die Wahrzeichen geblieben: das Loch in der Motorhaube – und ein wirklich gewaltiger Heckflügel.

SUBARU WRX STI

Maße. Länge: 4595 mm, Radstand: 2650 mm. Gewicht: 1524 kg. Kofferraum:460 l.

Motor. 2,5-l-Vierzylinder-Boxermotor, Turbo. 221 kW (300 PS), 407 Nm. Sechsgang-Schaltgetriebe, Allradantrieb.

Fahrleistungen. Vmax 255 km/h, 0-100 km/h in 5,2 sec.

Verbrauch. 10,4 l/100 km gemäß Norm, entspricht 242 g CO2/km.

Preis. Ab 54.990 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2014)

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