Suzuki B-King: König für einen Tag

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Die Suzuki B-King, das ist ein unverkleideter 184-PS-Extremfall auf zwei Rädern. Braucht kein Mensch, will aber jeder.

Seit der Präsentation der Studie 2001 warten die Fans auf die B-King. Nun ist sie da – sogar mit ABS. Lang hat es gedauert, bis sich die Suzuki-Bosse aufgrund der Resonanz entschieden, das Big Bike zu bauen. Dabei sollten sie wissen, dass Mut sich lohnt. Schon in den Achtzigern, bei der damals wie von einem anderen Stern wirkenden Katana, war es gelungen, ein Kultbike zu bauen. Nun steht die B-King da. Bar jeglicher Verkleidung, optisch Brutalität pur. Respektheischend. Vorne dicke Backen seitlich des Tanks, hinten dicke Rohre mit dreieckigem Querschnitt unter der knapp geschnittenen Sitzbank. Das einzig Beruhigende: Sie ist gar nicht so groß, wie sie auf Bildern wirkt. Doch so schwer wie im Prospekt.

Das macht sich beim Rangieren bemerkbar, hier muss zugepackt werden. Aber die auf den ersten Metern deutlich spürbare Trägheit um die Lenkachse verschwindet mit zunehmender Geschwindigkeit. Mit ihr auch der anfängliche Speck. Der aus der neuen Hayabusa stammende Vierzylinder benimmt sich im unteren Drehzahlbereich lammfromm, auf den Kompressor der Studie wurde (Gott sei Dank) verzichtet. Bei etwa 60 km/h kann getrost die sechste und letzte Fahrstufe montiert werden. Danach lässt sich eigentlich alles mit einem kurzen Dreh der rechten Hand erledigen.

Willig dreht das Triebwerk hoch, die Beschleunigung fühlt sich an, als werde die dicke Suzi von einem langen Gummiband nach vorne gezogen. Hinunterschalten ist eigentlich nicht nötig, aber vermittelt ein gutes Gefühl. Dabei sollte man in den unteren drei Gängen darauf achten, dass das Vorderrad auf dem Boden bleibt. Wem es zu heftig wird, der findet am Tank den „Mode B“, der die Power von 184 auf 125 PS beschränkt. Ein probates Mittel für Grobmotoriker; wer etwas Gefühl in der Gashand sein Eigen nennt, der sollte kein Problem mit der Kraftentfaltung haben. Es macht richtig Spaß, schwarze Striche auf den Asphalt zu malen, allerdings ist der Bereich, in dem der Reifen aufhört Haftung zu übernehmen, sehr schmal. Eine Schlupfkontrolle könnte Abhilfe schaffen, sie wird wohl bald kommen. Da ist es ganz beruhigend, dass zumindest beim Bremsen auf Wunsch ABS hilft. Die Bremsen selbst sind nicht bissig, aber nachdrücklich wirksam. Auch das Fahrwerk lässt keine Wünsche offen, der „King“ liegt ruhig in jeder Lage und lässt sich ohne großen Kraftaufwand auch um enge Ecken zirkeln. Dabei ist die Nackte zwar nicht so locker wie ein Supersportler, kann jedoch jederzeit mit vergleichbaren Motorrädern mithalten. Beeindruckend ist die Ruhe in langgezogenen schnellen Kurven, auch wenn sie mit Bodenwellen gepflastert sind.

Highspeed-Orgien werden durch das Fehlen einer Verkleidung vereitelt, obwohl die großzügig verkleideten Armaturen und die seitlichen Tankanbauten einen gewissen Schutz bieten. Über 200 km/h macht es keinen Spaß mehr, zudem bringt der sich krampfhaft an den Lenker klammernde Pilot selbst Unruhe ins sonst stabile Fahrwerk.

Bleibt unterm Strich ein begeisterndes Motorrad, das wieder einmal die Grenzen nach oben verschiebt. Ob es Kult wird, bleibt abzuwarten, das Potenzial hat es jedenfalls.(ff)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2008)

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