Lexus: Einsam gegen den Wind

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Ein Neuzugang für die immer zahlreicheren SUV-Fans im Lande: Der Lexus NX 300h dreht optisch kräftig auf, kann dabei aber auch völlig lautlos fahren. Die Marke bleibt sich treu.

Zuletzt hatten wir von Lexus den GS 300h zu Gast, eine stattliche Hybridlimousine, die bei uns nur mäßige Begeisterung hervorzurufen vermochte. Wenn man schon von dem nicht gerade schwachen Aufgebot der Platzhirschen Audi, BMW und Mercedes abschwenken soll, dann möchte man als Käufer schon sehr gute Gründe dafür wissen – wir fanden sie nicht.

Erfreulich und spannend, dass sich Lexus nun mit einem gänzlich anderen Zugang stellt. Nicht nur, weil SUVs jedes Zuschnitts momentan die gefragte Ware sind, ganz im Gegensatz zur klassischen Limousine wie dem GS. Sondern auch oder vor allem, weil der NX frischen Wind entfacht. Bei uns genießt (oder fristet) die Marke ohnehin Exotenstatus, da kann man gar nicht zu viel riskieren.

Handkanten-Styling

Der Lexus NX, den man dem Segment der kompakten SUV zurechnet, obwohl er mit über 4,6 Metern Länge im Gegenteil recht ausgewachsen wirkt, sollte so schnell nicht verwechselt werden. Das Styling wirkt, als hätte es ein Großmeister des Kyokushin-Karate mit der Handkante ins Blech geschlagen. Bei der im Vorjahr gezeigten Designstudie des NX erinnerte die Front an etwas, was gerade in eine Zitrone gebissen hat – verblüffend viel davon wurde in die Serie übernommen. Besonders freundlich sieht das nicht aus, aber das ist im Genre der SUV auch gar nicht vorgesehen: Hier liegt die Schönheit im Auge des Betrachters, der immer öfter ein Auto sieht, das mit der Sitzposition auch ein bisschen das eigene Ego emporhebt. Punkt an Lexus für die Courage: Jeder NX auf der Straße fällt auf für zehn.

Damit haben wir uns auch schon an Bord geschwungen, wo man in einem ebenso futuristischen wie gediegenen Cockpit willkommen geheißen wird. Lexus hat im NX eine tolle Interieurlandschaft gezimmert. Ein interessanter Mix an Materialien, im Fall des luxuriösen F-Sport-Niveaus hauptsächlich Metall und Leder – hochwertig und schmeichelnd, wohin auch immer man blickt oder greift.

Dem Bordsystem hat man den Giftzahn gezogen, so läuft die Steuerung über Touchpad mit taktiler Rückmeldung: Der Widerstand beim Drücken variiert je nach Art der Eingabe. Klingt kompliziert, funktioniert aber intuitiv und zweifellos besser als der Versuch einer Computermaus, die uns im GS ungut an MS-DOS aus dem Jahre Schnee erinnerte. Freilich: Das Dreh-und-Drück-Rädchen der deutschen Hersteller ist trotzdem die rundum klügere Lösung, aber da musste Lexus offenbar trotzig einen eigenen Weg gehen.

Den obligaten Sonderweg beschreitet die Marke auch bei der Motorisierung. Fürs Erste ist mit dem Vollhybriden 300h vorlieb zu nehmen, einer Kombination aus 2,5-Liter-Benziner und Elektromotor. Wir halten das für keine zu große Bürde, denn jede brauchbare Alternative zum Diesel ist als Fortschritt zu sehen. Zur Kasse gebeten wird man zudem nur für die 156 PS des Benziners, dabei verfügt man über 197 PS Systemleistung. Allrad als Zusatzverbraucher fällt nicht ins Gewicht: Es schaltet sich bloß ein E-Motor an der Hinterachse ins Geschehen. Wer sich beim Tempo mäßigt, kann die Verbrauchswerte eines Diesels darstellen: Um die 8,5 Liter in einem Auto der Größe und Gewichtsklasse, zumal im beginnenden Winter, in dem der Heizbedarf groß ist, belegen die Effizienz des Systems. Nur besonders lustvoll gelingt das nicht. Wer zärtlich mit dem Gaspedal umgeht, wird im Stadtverkehr zwar mit vielen rein elektrischen Etappen belohnt. Alles geht besonders leise und geschmeidig vonstatten.

Das Idyll endet, sobald es forsch nach vorn gehen soll. Typisch CVT-Getriebe: Die Drehzahl schnellt in die Höh, doch die Beschleunigung entspricht dem Klangbild nicht. Dabei ist der Lexus nach objektiven Kriterien für ein ein Auto dieser Größenordnung (und dieses exponierten Auftretens) durchaus bei der Musik dabei. Auch das Chassis offenbart erstaunlich sportliches Talent. Nur muss man halt dem Motor beim Abstrampeln zuhören.

LEXUS NX 300H F-SPORT

Maße. L/B/H: 4630/1845/1645 mm. Radstand: 2660 mm. Gewicht: ca. 1900 kg. Kofferraumvolumen: 555–1600 l.

Motor. Vollhybridsystem. R-4-Zylinder-Otto, 2494 ccm. 114 kW (155 PS). E-Motor. Systemleistung 145 kW (197 PS). 0–100 in 9,2 sec, Vmax 180 km/h.

Testverbrauch 8,0 l/100 km.

Preis: ab 57.930 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.