Renault: Sperrholz in den Türen – auch eine Autozukunft

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Renault forscht am Auto von morgen und gewährt uns einen Einblick in die geheimen Labors. Dort scheint man unter anderem ein Comeback des Zweitaktmotors vorzubereiten.

Das Technocentre von Renault ist ein abgeschottet gelegener Riesenkomplex in Guyancourt, in der Nähe von Paris. Wir verweilen gerade in dessen Herzstück, was sich ungefähr so anfühlt, als würden wir im Pentagon spazieren gehen: Die Sicherheitsbeamten sind fast zahlreicher als die aus allen möglichen Ländern angereisten Journalisten. Anscheinend hat man Angst, dass diese Dinge entdecken, die sie nicht sehen sollen. Kein Wunder, hier wird an Projekten gearbeitet, die unter Umständen schon in nächster Zukunft auf den Straßen dieser Welt rollen werden.

Auf die Spitze getrieben

Eine der Triebfedern ist das Cooperative Innovation Laboratory, kurz LCI. Hier werken etwa fünfzig Frauen und Männer an den Autos der ferneren Zukunft, im Großen wie an den Details. Interessant die Zusammensetzung: Marktforscher, Marketingspezialisten, Designern, die überwiegende Anzahl Ingenieure. Der übliche Vorgang: Gewisse Projekte wie etwa ein Auto aus mehrheitlich nachhaltigen Stoffen (wie Sperrholz an den Türen und im Innenraum) werden hier auf die Spitze getrieben, genauso wie ein durchgehender Bildschirm anstelle des Armaturenbretts. Dann wird die Akzeptanz bei ausgewählten Kunden getestet, die Ergebnisse werden beim nächsten Projekt berücksichtigt.

Ein Ergebnis ist der dreitürige Renault Eolab, der bereits am Pariser Autosalon debütierte. Ein Einliter-Dreizylinder mit 78 PS ist hier mit einem 54-PS-Elektromotor gekoppelt, das Getriebe ist eine spezielle Automatik: Die ersten beiden der drei Gänge sind rein dem Elektromotor vorbehalten, erst die dritte Fahrstufe ist auch für den Verbrenner vorgesehen. Neben den Rückspiegeln, die mit Kameras funktionieren, ist vor allem die Tatsache interessant, dass die Motorhaube nur in der Werkstatt zu öffnen ist – für Wasser und Öl gibt es eine kleine Wartungsklappe.

Schiffsmotor für kleine Lkw

Andere Projekte sind schon wesentlich weiter Richtung Serie gediehen, wie ein neuer effizienterer Elektromotor, ein milder Hybrid für Nutzfahrzeuge und ein kleiner Dreizylinder, der sowohl mit Flüssiggas als auch mit Benzin läuft.

Sehr interessant ist die Entwicklung eines Zweitaktzweizylinders mit doppelter Aufladung durch Turbolader und Kompressor. Dieses eigentlich aus dem Schiffsbau stammende Konzept hat auch in den Kolbenboden verlegte Brennräume nach dem Heron-Prinzip. Mit 750 ccm sind immerhin bis zu 50 kW Leistung (knapp 70 PS) und ein Drehmoment von 145 Nm möglich. Renault arbeitet seit fünf Jahren daran, auch in Zusammenarbeit mit anderen Firmen, etwa VW und Fiat. Das Ergebnis soll ein leicht, sprich billig zu erzeugender und zu wartender Antrieb für Klein-Lkw sein, doch bisher ist der zu hohe Verbrauch des Zweitakters noch ein Problem. Die Abgaswerte habe man hingegen schon im Griff.

Interessant ist auch ein System, das es Rettungskräften nach einem Unfall ermöglichen soll, schneller zu reagieren. Über Sensoren in den Sitzen werden Puls und Blutdruck erfasst und im Fall eines Unfalls an die nächstgelegene Rettungsstation weitergeleitet. Der Rettungstrupp kann schon im Vorfeld die nötigen Vorbereitungen treffen und so lebensrettende Zeit sparen.

Witzig hingegen ein fix montierter Anhänger für den elektrischen Renault Twizy Cargo, der mit einer dritten Achse zum Klein-Lkw mutiert. ff

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2014)

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