2er Active Tourer: Kein richtiger BMW - was soll das heißen?

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der 2er Active Tourer darf sehr wohl als „richtiger BMW“ gelten – auch wenn er mit dem Ego-Gebaren anderer Modelle der Marke bricht.

BMW hat sich in letzter Zeit hauptsächlich in Extravaganzen geübt, seien es die gewagten Elektro-Sonderlinge i3 und i8 oder kunstvoll veredelte Varianten bestehender Baureihen, wie X6 und X4, demnächst X7.

Da ist es doch erfrischend, wenn sich ein solcher Hersteller des vergleichsweise stinknormalen Formats eines Familien-Vans annimmt. Dieser trägt bei BMW den Namen 2er Active Tourer und ist mit 4,34 Metern Länge den kompakten Vans zuzurechnen – über den Daumen entsprechen die Abmessungen dem Golf Sportsvan.

Über allen Gipfeln

Es kommt nicht oft vor, dass BMW gegen Massenhersteller in den Ring steigt. So steht der Active Tourer selbstredend für die Premium-Interpretation des Themas. Gipfeln dürfte diese in der opulenten Ausstattung unseres Testexemplars, eines Active Tourer 220d x-Drive: Auf dessen mehr als 52.000 Euro wäre ein Golf Sportsvan wohl auch mit Gewalt nicht zu treiben.

Das ist für einen Van freilich ziemlich gewagt und stellt eher das Mögliche als das Wahrscheinliche dar: 190 Diesel-PS, Allradantrieb, Achtgang-Automatik, plus im konkreten Fall so viele Extras, wie man normalerweise in einem 7er vermuten würde. Allein das M-Sportpaket umfasst ein Dutzend Posten, Highlight: ein sportlich konturiertes, Alcantara-hinterlegtes Gestühl der Sonderklasse. Dazu: Head-up-Display, allerlei Internetfeatures, toller Sound und das von BMW bekannt herausragende, grafisch und funktional erstklassige Navi auf großem Display.

Das macht den Active Tourer, der nach außen nicht dick aufträgt, zu einem raren Understatement-Vehikel der Marke. Genau deswegen schätzen wir diesen Neuzugang: ein BMW ohne Straßenbeherrschungsattitüde und fletschendem Kühlergrill, aber mit den gehobenen Annehmlichkeiten des Premiumfachs.

Diese sind im Tourer durchaus um ein geringeres Vermögen zu haben. In einem früheren Test überzeugte der um zwei Ecken günstigere Dreizylinder-Benziner mit 136 PS und Frontantrieb (ab 27.950 Euro). Bereits in Basisversion ist der Innenraum ungleich ansprechender als etwa der des Golf Sportsvan, auch mit der Grundausstattung, die u.a. Bluetooth-Freisprechen und eine automatische Heckklappe vorsieht, lässt sich BMW-untypisch schon gut leben.

Ein Van, anders als ein SUV, ist sowieso schon konstruktionsbedingt ein kluges Format: maximale Raumausbeute durch One-Box-Design, nur dezent höhere Sitzposition sowie Räder und Radhäuser in zivilisierter Größe, was sich dauerhaft in einem günstigeren Spritverbrauch niederschlägt. Der Tourer lässt sich ohne Enge mit fünf Personen besetzen und hält dann noch 468 Liter Kofferraum bereit.

Weil die Rückbank verschiebbar ist, lässt sich dieses Verhältnis variieren – so kommen Kinder zugunsten des Laderaums auch mit weniger vom großzügigen Knieraum aus. Dass es sich um keinen „echten BMW“ handele, wie zuweilen zu hören ist, scheint uns eine altertümliche Betrachtung der Marke. Als ob das nicht auch für 2,5-Tonnen-SUVs gelten müsste. (tv)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2015)

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