Veyron: Der Volkswagen für Superreiche

(c) Illustration: Kubala
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Mit dem letzten von 450 verkauften Exemplaren beendet die VW-Tochter Bugatti nach zehn Jahren das Kunstprojekt Veyron. 2016 kommt der Nachfolger – Geld verdienen muss auch er nicht.

Es ist nicht die Riesenüberraschung: Das letzte Exemplar ging in den Mittleren Osten. Ein ungenannter Käufer, vermutlich aus Dubai oder Saudiarabien, erstand den letzten Veyron, Werksnummer 450, Ausführung Grand Sport Vitesse – also abnehmbares Dach, 1200 PS Leistung und weit über 400 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Der Schriftzug „La Finale“ schmückt den Heckflügel des Zweisitzers, das Auto wird nächste Woche auf dem Automobilsalon in Genf zu sehen sein, bevor es an seinen Eigner verschifft wird.

Es wird der letzte Veyron in dessen Garage sein, wahrscheinlich aber nicht der einzige. Der typische Bugatti-Käufer, so erfuhren wir einmal, besitzt eine Sammlung von im Schnitt 30 Autos, und wer sich einmal auf den irrwitzigen Veyron eingelassen hat, wird es kaum bei einem einzigen Exemplar belassen. Es gibt ja vier verschiedene Grundausführungen, zudem ging man gegen Ende der Produktion dazu über, speziell veredelte Einzelstücke herzustellen, die den vermögenden Sammler erst richtig anlachen.

In die Parade gefahren

Zehn Jahre hat es gedauert, bis die gesamte Auflage von 300 Coupés und 150 offenen Veyron verkauft war. Mittendrin ist Bugatti die Finanzkrise von 2008, auch unter Superreichen ein kurzer Moment der Verunsicherung, ein wenig in die Parade gefahren. Andererseits: Viel mehr als ein Stück pro Woche lässt sich im elsässischen Atelier, der Bugatti-Manufaktur am Originalschauplatz Molsheim, ohnehin nicht auf die Räder stellen.

Am Ende wird es wohl so sein, wie man es von VW-Patriarch Ferdinand Piëch, dem Erfinder und Antreiber des Projekts, zu hören bekam: „Eine Elite, die mit den ihr passenden Produkten bedient werden will, wird es immer geben.“

Deshalb ist der Veyron, nicht aber das Projekt Bugatti, abgeschlossen. Schon im nächsten Jahr wird man den Nachfolger sehen. Von ihm weiß man bereits: Es wird keine viertürige Limousine, wie eine Zeit lang im Gespräch, sondern ein Sportwagen sein, der auf dem monströsen 16-Zylinder-Motor des Veyron Super Sport aufbaut, bloß vom Fahrzeuggewicht leichter – ungeachtet neuer Hybridkomponenten wie E-Motoren und Akkus, die trotz kolportierter 1500 PS Leistung halbwegs verträgliche Verbrauchswerte sicherstellen sollen.

Und auch dieses Auto wird nicht als Cashcow aus den Stallungen des aufwendig restaurierten Bugatti-Stammhauses in Molsheim galoppieren. Ein Bugatti kostet unfassbar viel Geld – im Schnitt wurde jeder der 450 Veyron um 2,3 Millionen Euro ohne Steuern verkauft –, aber er verdient keines. Im Gegenteil: Der Automobilanalyst Max Warburton reiht den Veyron unter die zehn größten europäischen Autoflops der vergangenen Jahre ein.

Volkswagens Formel 1

Pro ausgeliefertem Veyron habe die VW-Tochter – und damit der Konzern – 4,6 Mio. Euro draufgezahlt, in Summe 1,7 Milliarden Euro. Ist Bugatti also eine Art Benefizprogramm für Scheichs und andere Milliardäre?

Die Vorwürfe quittiert man einigermaßen gelassen. Was für andere Hersteller die Formel 1 ist, sei für VW eben Bugatti – ein völlig abgehobenes Hyper-Car mithin als Leuchtturm der technischen Fähigkeiten des VW-Konzerns. Da durften auch 30 Ingenieure drei Jahre lang allein am Getriebe arbeiten – nach Art des Hauses ein Doppelkupplungsautomat; ein DSG, das es mit bis zu 1500 Nm Drehmoment aufnehmen muss.

Piëch begnügte sich zwar mit 16 Zylindern (geplant hatte er 18), hielt es aber für richtig, „ein derart unvergleichliches Auto auch mit einer Leistung jenseits von Gut und Böse auszustatten“. Doch keine Rakete mit Rädern wollte Piëch bauen, sondern etwas, mit dem man auch vor der Oper problemlos vorfahren könnte. Fast alle Komponenten wurden für den Veyron extra entwickelt – allein der lasergesteuerte Heckflügel ist ein technisches Kunstwerk, über das seine Entwickler aus dem Stand fesselnde Vorträge halten können.

Solange der Anspruch absoluter Einzigartigkeit besteht, man sich in den Kerndisziplinen also von keinem Ferrari, McLaren oder Porsche häkerln lassen will, wird auch der Veyron-Nachfolger unterm Strich kein Geld verdienen. VW-Designchef Walter de Silva auf die Frage, was genau der neue Bugatti denn werde: „Kunst“, sagte er.

BUGATTI VEYRON 16.4

Der Veyron wurde 2005 als 1001 PS starkes Coupé (Bild) vorgestellt. Es folgten der offene Grand Sport und die 1200 PS starken Super Sport und Vitesse. Der Motor: 16 Zylinder mit acht Litern Hubraum und vier Turboladern. Insgesamt wurden 450 Exemplare verkauft, zu einem Stückpreis von im Schnitt 2,3 Mio. Euro ohne Steuern. Das letzte Exemplar, La Finale, wird in Genf gezeigt.

Compliance-Hinweis:
Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2015)

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