V-Klasse: Durchsagen vom Reiseleiter

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Die neue Mercedes V-Klasse empfiehlt sich als ultimatives, luxuriöses Reise- und Familienauto – wenn man es sich leisten kann. Dafür wird der Fahrer auf allen Plätzen gut gehört.

Die innere Größe eines Autos zeigt sich nicht an der Gesamtlänge, sondern am Radstand – es ist schließlich der Raum zwischen den beiden Achsen, der für die Insassen am besten nutzbar ist. Insofern lässt sich mit den 3,2 Metern, die die neue Mercedes V-Klasse in der Disziplin aufbietet, genüsslich auftrumpfen. So viel hat nicht einmal die S-Klasse in Langversion. Und weil die Bauweise der V-Klasse die eines Kastenwagens ist, kommt der ganze Raum in quadratischer, also maximaler Nutzbarkeit daher.

Wenn es um Platz geht, kommt mit diesem Format kein SUV und keine Limousine mit. Man kann, den Kopf nur leicht gebückt, vom Fahrersitz nach hinten spazieren, ohne dabei auf die Straße treten zu müssen. Kein Getriebetunnel versperrt den Weg, die insgesamt sechs Einzelsitze stehen mehr oder minder lose herum. Das Auto als erweiterter Wohnraum – ein reizvoller Gedanke.

So werden auch viele Transporter von VW – der neue T6 scharrt in den Startlöchern – auf diese Weise genutzt, bei Mercedes war zuletzt der Viano als Vito-Derivat für den erweiterten Personentransport zuständig.

(c) Die Presse (Clemens Fabry)

Nur kein Lieferwagen

Mit der neuen V-Klasse hat Mercedes die Kategorie nun endgültig in den Kreis der vollwertigen Autos gehoben. Äußerlich wie innerlich möchte der V250 BlueTec, wie von uns getestet, jeden Eindruck eines banalen Lieferwagens vermeiden. Und das gelingt erstaunlich gut.

An der Front prangen LED-Scheinwerfer der neuesten Generation. Das LED-Tagfahrlicht setzt eine gewichtige Miene auf. Auch der Stern am Kühlergrill ist nicht zu klein geraten.

Im vollen Austattungs-Trimm, der bei Mercedes bekanntlich immer besonders ausschweifend geraten kann, steht das Cockpit an Opulenz und Funktion den anderen Klassen um nichts nach. Die aktuellste Steuerung des Bordsystems per Touchpad mit Handschrifterkennung steht zu Diensten. Der Automatikwahlhebel entspringt der Lenksäule, mit der linken Hand hat man blind den Tempomaten aktiviert, der dank Radarsensoren selbsttätig den Abstand zum Vordermann regelt, vom Autobahntempo bis zum Stillstand im Stop-and-go-Verkehr.

Trotz 5,14 Metern Länge lässt sich die Fuhre unkompliziert und behände durch den Hindernislauf des Straßenverkehrs manövrieren, beim Rangieren hilft eine rückwärtige Kamera, die ihr Bild in den großen Bildschirm auf dem Armaturenträger spielt.

Für ein voluminöses Auto ist eine flotte Fahrt über Kopfsteinpflaster die härteste Prüfung, denn es ist schwierig, all die Schwingungsräume nicht gemeinsam mächtig brummen zu lassen. Bestnoten jedoch in dieser Disziplin. Keinerlei Scheppern, Zittern, Ächzen oder Brummen: Die V-Klasse zeigt auch auf schlechten Straßen keine Lieferwagenmanieren.

Dabei macht es durchaus den Reiz dieses Formats aus, für einen kommerziellen oder Berufsfahrer gehalten zu werden. Denen wird im Straßengeschehen in aller Regel ein Hauch mehr nachgesehen (Radargeräte ausgenommen). Es ist dies auch die perfekte Tarnung für etwas, was als veritables Luxusvehikel gelten muss. Die Grundpreise von rund 50.000 Euro sind sehr theoretischer Natur. Sind die wichtigsten Extras bestellt, dazu gehören natürlich elektrisch öffnende und schließende Schiebetüren plus Heckklappe, kommt man erst nahe der 80.000 Euro zum Stehen. In den allermeisten Fällen wird die V-Klasse gewerblich angemeldet.

Die V-Klasse hat Heckantrieb, so ist Allrad zur Herstellung der Wettersicherheit zu empfehlen. Man sitzt auch deshalb so schön hoch, weil die gesamte Mechanik unter dem Flur verbaut ist. Der Motorraum ist nur noch für Vierzylinder vorgesehen, es sind nur Diesel zu haben. In stärkster Auslegung ist das der V250 BlueTec mit 2,1 Litern Hubraum und 190 PS – absolut ausreichend für das beileibe nicht leichtgewichtige Auto.

Man muss nicht einmal die Stimme heben, um mit den Reihen zwei und drei zu kommunizieren: Die Stimme des Fahrers wird verstärkt und über Lautsprecher nach hinten gespielt. Für unterhaltsame Durchsagen zwischendurch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.