Land Rover: Über Stock und ins Café Stein

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit dem Discovery Sport ersetzt Land Rover endlich den Freelander. Es gibt aber noch Verbesserungsmöglichkeiten.

Wien. In den vergangenen Jahren, man muss es sagen, tat er in den Augen weh. Vor allem, nachdem sich Land Rover vom Designvorbild Schuhschachtel und Ziegelstein verabschiedet hat.

Der Range Rover erhielt 2012 geschwungene Formen und edel gestaltete Lichter. Mit dem Range Rover Sport stellte man 2013 überhaupt das schönste SUV vor, das es aktuell zu kaufen gibt. Der Evoque ist seit seiner Markteinführung 2011 ein Unikat – und dazwischen stand der hässliche Freelander.

Nun hat ein Land Rover im Gegensatz zum luxuriösen Range Rover seinen sehr eigenen Reiz. Etwa der Defender, Vater aller Geländewagen und als Linkslenkerversion Garant für klaustrophobische Anfälle. Oder der Discovery mit seinem ausladenden Anbau, in dem man ein Kalb auf die Alm oder ein Kamerateam von „Top Gear“ befördern kann. Aber der Freelander? In dem wollte man nicht einmal Platz nehmen.

Range Rovers kleiner Bruder

Jetzt also haben sich die Designer der englischen Traditionsmarke, die seit 2008 zum indischen Tata-Konzern gehört, endlich der Land-Rover-Linie angenommen. Zuerst des Freelanders, um eine Konkurrenz zu den gefragten Kompakt-SUVs BMW X3 und Audi Q5 zu haben. Der neue Freelander heißt Discovery Sport, eine Mischung aus den zwei großen Brüdern Land Rover Discovery und Range Rover Sport.

Bei Letzterem sieht man die Verwandtschaft deutlich: Wie der Range Rover hat der Land Rover die neuen schmalen, um die Ecken gezogenen Scheinwerfer. Dazu vorn die Lufteinlässe mit inkludierten LED-Nebelscheinwerfern und die vorgezogene Schnauze mit schalenförmiger Motorhaube. Wie dem Range Rover Sport verleihen der robuste Stoßfänger und der sichtbare Unterbodenschutz auch dem Discovery Sport die „Go anywhere“-Charakteristik.

An der Seite schwingt eine Dachlinie sanft nach hinten herab und gibt dem SUV eine dynamische Keilform. Hinten hat man ihn deutlicher vom großen Sport abgehoben, die Lichter ziehen sich in die Heckklappe hinein, und man hat grundsätzlich auf geschwungenere Formen gesetzt. Das kann einem gefallen, muss es aber nicht.

Innen erinnert wenig an den nobleren Bruder. Zwar bietet man ein aufgeräumtes Cockpit mit wenigen Knöpfen und hübsche, unverstellte Oberflächen, doch die sind zum Teil aus Hartplastik. In diesem verschwindet auch, wie beim Evoque, der Wahlhebel der Automatik. Ein nettes Feature, das langsam zum Markenzeichen bei Jaguar/Land Rover wird.

Der Touchscreen, über den man nahezu alle Belange des Bordsystems steuern kann, wirkt in einem Auto Baujahr 2015 ein wenig antiquiert. Die Generation iPad erwartet eine schnellere Reaktion bei der Berührung und eine bessere Auflösung des Bildschirms. Auch bei der Dämmung kann man in einem künftigen Facelift nachbessern. Unser Testauto ließ uns nie vergessen, dass wir in einem Diesel sitzen. Wenn man zum Überholen oder für das vierte Grünblinken beschleunigte, heulte der Motor deutlich vernehmbar auf. Dazu kamen Windgeräusche auf der Autobahn.

Airbag für Fußgänger

Der Disco Sport kommt durchwegs als Vierzylinder von 150 bis 240 PS. Unser Sport war der 2,2 SD4 mit 190 PS, der schön am Gas hing. Die neunstufige Automatik bot immer das richtige Drehzahlfenster und schaltete nahtlos. Im Verbrauch lagen wir bei 7,5 Liter.

Wie in einem Land Rover üblich, kommen selbst die Abenteurer für die Stadt mit dem raffinierten Offroad-System inklusive Wat-Sensor daher. Zwei Premieren in dieser Klasse: ein Airbag in der Motorhaube für Fußgänger und eine dritte Sitzbank, auf der bei dieser Länge – 4,6 Meter – aber nur Schulkinder bequem sitzen können. Ein Bremsassistent hilft, Unfälle zu vermeiden, und ein optionales Head-up-Display blendet alle wichtigen Informationen in die Frontscheibe.

Beim Preis hat man wieder Anleihen bei Range Rover genommen. Unser Discovery Sport mit Allrad und in der HSE-Ausstattung kostet 62.883 Euro. Dazu kommen aber das Entertainmentpaket, eine Metallic-Lackierung, ein Reserverad (für 261Euro), eine Standheizung, ein Panoramadach, adaptive Xenon-Scheinwerfer und sonst noch ein paar nette, aber nicht übertriebene Sonderausstattungen– und am Ende summiert sich das auf 75.363 Euro. Nicht schlecht. Da bewegt man sich schon in der Preisklasse des großen Bruders Range Rover Sport. (rie)

DISCOVERY SPORT

Maße: L/B/H: 4589/2173/1724 mm.

Radstand: 2741 mm.

Motor: 2,2 Liter Vierzylinder Diesel, 16V, 190 PS.

Drehmoment: 420 NM.

Beschleunigung: 8,9 auf 100 km/h.

Verbrauch: im Test 7,5 Liter, 166 g CO2/km bei Automatik und Siebensitzer.

Extras: u.a. Verkehrszeichenerkennung, Panoramadach, Standheizung.

Preis: 75.363 Euro (Startpreis „nackt“ und mit Frontantrieb: 33.350 Euro).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2015)

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