Opel Corsa: Unterhaltung ohne Reue

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Einmal mehr überrascht Opel mit einem besonders ausgereiften Beitrag: Der Corsa ist ein Leuchtturm unter den Kleinwagen.

Bei Opel ist man kampferprobt, die vergangenen Jahre waren von Gefechten geprägt: um mehr Eigenständigkeit vom Mutterkonzern GM, der im Umgang mit seiner deutschen Tochter nicht immer ein gutes Händchen bewies, um die Produktion und vor allem Werke in Deutschland, um die Wiederherstellung eines Images, das durch Negativschlagzeilen schon arg zerzaust wurde. Und es läuft ja auch schon wieder besser, trotz schmerzender Rückschläge in Russland (dies allerdings kein Einzelschicksal). Für 2016 verspricht Opel-Chef Karl-Thomas Neumann gar die Rückkehr in die Gewinnzone.

Dabei ist der neue Corsa sicherlich hilfreich, denn der Kleinwagen läuft gut an in Europa. Im März belegte die Baureihe den dritten Rang gesamt, musste sich in ihrer Klasse nur dem Ford Fiesta geschlagen geben.

Von den Tugenden

Der Erfolg ist nachvollziehbar. In seiner fünften Generation hat der Corsa den etwas mopsigen Gesichtsausdruck seines Vorgängers abgelegt und gefällt schon einmal äußerlich. Immer wieder beweist die Marke, dass man ein Top-Design-Team im Haus hat, nur das angekratzte Image vermag manchmal den Blick darauf zu verstellen. Und so sehr man beim Marketing manchmal zu tief in die Witzkiste greift, siehe Adam Rocks, so unerschütterlich regieren tugendhafte Prinzipien unter den Ingenieuren. Bestes Beispiel: Der Corsa hat die besten Sitze aller derzeit auf dem Markt befindlichen Kleinwagen. Nachdem man im Auto in aller Regel sitzt und nicht steht, ist das kein kleiner Gewinn. Danke auch für die Lenkradposition, formidabel in Höhe und Tiefe einstellbar, die zusammen mit den Sitzen die ergonomisch perfekte Haltung erlaubt. Ermüdungsfreies, aufmerksames Autofahren beginnt genau hier, mit dieser eher unsexy Materie, und nicht etwa mit elektronischem Assistenz-Klimbim.

Übrigens auch allfälliger Fahrspaß beginnt auf diesem Terrain. Ein Kleinwagen darf heute durchaus unterhaltsam zu chauffieren sein, und der Corsa ist das mit seinen bescheidenen Mitteln voll und ganz (in maximaler Aufrüstung wird daraus der ziemlich furiose, 207 PS starke Corsa OPC, den wir demnächst besprechen werden). Die Grundlagen dafür sind Lenkpräzision, ein Fahrwerk in der richtigen Balance und Bremsen mit dem richtigen Druckpunkt. So hat man seinen kleinen Spaß in den Gassen, aber auch auf kurviger Landstraße. Die meisten Corsa-Fahrer und -Fahrerinnen werden das vielleicht nur unterschwellig wahrnehmen, wir staunten jedenfalls, wie viel Hetz da mit 90 PS auf vier Metern Länge geboten wird.

Unterhaltung ohne Reue: Ein Dreizylinder mit einem Liter Hubraum ist alles andere als motorische Extravaganz. Allerdings hilft hier ein Turbo tatkräftig mit, sodass ein schönes Drehmoment ohne ungebührliche Drehzahlen auf die Sprünge hilft. Das gleiche Motörchen ist auch mit 115 PS zu haben, aber die Extraausgabe kann man durchaus bleiben lassen: Es bleibt bei 170 Newtonmetern Drehmoment. Zu tanken sind auch im reinen Stadtbetrieb unter sechs Liter auf 100 km. Das Getriebe lässt sich recht knackig schalten, ist aber lang übersetzt, und die Start-Stopp-Automatik ist nicht glänzend abgestimmt – überhaupt hätten wir gerne eine Automatikoption, die für den Motor aber nicht angeboten wird. Es wäre höchste Zeit, auf dem Gebiet mit VW gleichzuziehen.

Sonst sehen wir den Opel im Vorteil: Um 15.990 Euro ist beim Corsa eindeutig mehr drin als beim Erzrivalen Polo.

OPEL CORSA EDITION 1.0 TURBO ECOTEC 90 PS

Maße: L/B/H 4021/1775/1481 mm. Radstand: 2510 mm. Leergewicht: 1163kg. Kofferraumvolumen: 285–1120l.

Motor: Reihen-3-Zylinder-Otto, Turbo, 999 ccm.

Leistung: 67 kW (90 PS) bei 3700–6000/min. Drehmoment: 170 Nm bei 1800–3700/min.

Frontantrieb, manuelles Sechsganggetriebe, fünftürig.

Testverbrauch: 5,8 l/100 km.

Preis: ab 15.990 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2015)

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