Audi Q7: Sir, wir nähern uns einer Kurve

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Der neue Audi Q7 kennt den Weg, auch wenn er nicht weiß, wohin wir wollen. Die zweite Generation des SUVs wurde leichter, fährt sich agil und belässt es bei sechs Zylindern.

Die technische Gemeinschaftsproduktion Audi Q7, Porsche Cayenne und VW Touareg vor knapp einem Jahrzehnt brachte drei Gewinner hervor, alle beteiligten Marken schlugen Kapital über Plan aus dem Joint Venture. Am meisten wohl der Cayenne, der freilich von SUV-Verächtern auch mit der größten Leidenschaft angefeindet wurde – seinem Verkaufserfolg tat dies allerdings keinerlei Abbruch.

Überragend

Der in seinen Ausmaßen gewaltige, den Porsche und VW weit überragende, über fünf Meter lange Q7 kam 2006 gerade recht für den großen Boom der Gattung, auch wenn sich dieser in unseren Breiten bald abkühlte und auf kleinere Formate ausbreitete.

Es gibt ja noch die USA und Asien: Mit über einer halben Millionen Exemplaren, die Audi in neun Jahren in einem höchst margenträchtigen Segment losschlagen konnte, gehört die Baureihe zu den liebsten Kuscheltieren des Vorstands.

Im Überschwang verstieg man sich 2008 gar zu einem Q7 mit Zwölfzylinderdiesel, einem monströsen Kuriosum der Marke – sechs Liter Hubraum, 500 PS, fast drei Tonnen Leergewicht, mit dem Ehrenabzeichen des am teuersten zu versichernden Autos Deutschlands in seiner Zeit.

Von derlei Auswüchsen sieht man sich bei der Neuauflage der Baureihe nachhaltig kuriert, es wurde im Geiste der neuen, CO2-orientieren Bescheidenheit sogar der V8 einbehalten. Drei Dreiliter-Sechszylinder stehen fürs Erste zur Auswahl, ein Benziner mit 333 PS (ab 72.900 Euro), zwei Diesel mit 272 (67.900 Euro) und 218 PS (64.900 Euro).

Demnächst Plug-in

Alle drei kommen mit Achtgangautomatik und selbstredend Allradantrieb nach Quattro-Patent. Ein kommender Plug-in-Hybrid wird vor allem den US-Markt über den Verlust des Achtzylinders hinwegtrösten.

Um mit der Motorisierung des 218 PS starken sogenannten Effizienzdiesels bis zu einem Normverbrauch von 5,5 Litern hinabzustoßen, musste natürlich auch an der Figur gearbeitet werden. Und es scheint fast, als wäre Audi am meisten auf die Gewichtsreduzierung stolz: Bis zu 325 Kilogramm ist der neue Q7 leichter geworden. Damit unterschreitet er sogar die zwei Tonnen Leergewicht – eher nur theoretisch mit unwahrscheinlicher Sparausstattung und ohne Fahrer, was den gängigen Messmethoden widerspricht, aber immerhin: Das Feiern dieser magischen Zahl – 1995 kg! – lässt Audi sich nicht nehmen.

Ganz ohne Argwohn kann man die Leistung des Designs würdigen. Der Q7 trat als besonders hoch aufragendes Exemplar seiner Gattung auf, kritisiert wurde zudem auch das für Unfallgegner extrem ungünstige Crashverhalten bei einem Zusammenstoß. Der Neue wirkt auf den ersten Blick wie ein Cross-over, nahezu wie eines der Allroad-Modelle der Marke.

Das liegt an der deutlich abgesenkten Motorhaube und einem raffinierten Styling, das stark die Breite betont und nicht die Höhe. Erst der Vergleich macht sicher, wenn der Q7 neben normal großen Autos abgestellt ist: Er ist immer noch riesig.

Wuchtig bleibt das Heck, das auch ein etwas unhübsches Leuchtenband beherbergt – es übernimmt die Beleuchtung, wenn die Heckklappe mit den normalen Rückleuchten aufgeschlagen ist.

Gut kaschiert

Wie der Riesenwuchs optisch kaschiert wurde, ist er auch an Bord kaum wahrzunehmen. Zwar schon mit feistem Platzangebot, aber weniger wie in einem Autocockpit wirkt es hier drinnen wie an Bord eines Privatjets. Schade nur, dass die Mittelkonsole mit dem wuchtigen Wahlhebel der Automatik so platzgreifend ausgelegt ist, hier würde etwas Luftigkeit dem Raumgefühl guttun.

Aber das ist Gemecker, tatsächlich sitzt es sich im Q7 fürstlich, in einem Interieur, in dem Audi die Kunst der Inneneinrichtung einmal mehr zur Blüte bringt. Wenn man möchte, trägt auch das Holz Nadelstreif. Selbstredend sind alle heute verfügbaren Fahrassistenzsysteme auf Wunsch an Bord, darunter auch unser neuer Liebling, der prädiktive Effizienzassistent – wahrlich eine Premiumwortschöpfung. Was steckt dahinter?

Auch wenn in der Navigation kein Ziel aufgerufen ist, verfolgt der Assistent den Streckenverlauf und gibt Tipps, wann man zum Beispiel vom Gas gehen kann, weil sich ohnehin eine schärfere Kurve nähert. Ob man unterwegs von derlei Zurufen unterhalten werden will, muss sich in der Praxis noch zeigen. Zumal man mit dem superben neuen Fahrwerk des Q7 samt Vierradlenkung derlei Kurven nicht zu scheuen braucht und keiner der drei getesteten Motoren verschwenderisch mit Treibstoff umgeht. Den besten Eindruck hat uns schließlich der starke Diesel gemacht – diese Maschine ist hier zu Hause.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2015)

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