Toyota Prius: Es lockt nun, was einst mahnender Zeigefinger war

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Toyota Prius im höchsten Reifegrad: als Prius+ in dynamischer Aufmachung, mit massenhaft Platz und den bewährten Prinzipien des Hybridantriebs – hohe Sparsamkeit, die nur den Verzicht auf die Überholspur bedeutet. Gelegenheitsangriffe nicht ausgeschlossen.

In Wiens 17. Bezirk, den wir wohnortbedingt intensiver frequentieren, sehen wir öfter einen Ur-Prius. Den erkennt man nicht so schnell, denn er sieht überhaupt nicht nach Prius aus. Die erste Generation von Toyotas Hybridtechnik (1997 bis 2003) steckte noch in einem quasi beliebigen Blechkleid, äußerlich kaum zu unterscheiden von anderen Autos dieser Größe. Erst mit dem zweiten Prius schuf Toyota diesen Solitär auf Rädern, kompromisslos auf Windschnittigkeit getrimmt, schon von Weitem erkennbar als erhobener Zeigefinger gegen Spritvergeudung und Tempobolzerei (und damit dringender Überholkandidat).

An der Schraube gedreht

Unser Exemplar sieht auffallend gut in Schuss aus, nächstens werden wir die Dame am Steuer ansprechen und in ein hybrides Benzingespräch verwickeln. Im ganzen Land wird es wohl nur eine Handvoll vom ersten Prius geben, und mit Sicherheit ist der gesichtete ein Hernalser Einzelstück.

Ganz großer Sprung in die Jetztzeit, in der Toyotas Hybridpalette auf sechs Baureihen angewachsen und der Prius, der auch als Taxi verkehrt, längst kein Exot mehr auf unseren Straßen ist. Die gründlichste Wandlung stellt der 4,65 Meter lange Prius+ dar, der nach unserer Meinung die Aufwertung eines eigenen Modellnamens verdient hätte – so weit hat Toyota an der Schraube gedreht.

Der Prius+ ist auf Anhieb in eine Reihe mit attraktiven, ausgewachsenen Familien-Kombis zu stellen, und zwar auf eine Weise, die nicht mehr über die Neigungsgruppe Alternative Antriebe führt, sondern über Primärtugenden wie Platz, Komfort, Sparsamkeit, ja: Aussehen. Absolut dynamisch der neue Ausdruck an der Front, vielversprechend die Kombi-Silhouette, geradezu hingebungsvoll der aerodynamische Feinschliff an allen Ecken und Enden.

Auch Fahrspaß darf man hinzufügen. Nicht auf die sportliche, kurvenräuberische Art, da bleibt sich der Prius treu – den hinreißendsten Landstraßen begegnet diese Lenkung mit der größten Leidenschaftslosigkeit. Man lenkt natürlich sauber und flott durch, aber aseptisch frei von Lustgewinn.

Auch wird man auf der Überholspur kaum auftrumpfen. Der Prius hasst hohes Tempo, und er stellt es nur mit heulender Motordrehzahl her, was am speziellen stufenlosen Getriebe liegt, CVT genannt. Wer es nicht akzeptieren kann, sich an die im Land erlaubte Höchstgeschwindigkeit zu halten, sitzt unverändert im falschen Auto.

Was nicht heißt, dass der Prius+ nicht den einen oder anderen Coup an der Ampel landet. Mit gedrückter Power-Taste werfen sich E- und Benzinmotor mit voller Verve in die Schlacht, und so kann man auf den ersten Metern locker auch ein aggressives Feld anführen – das liegt am spontan verfügbaren Drehmoment des E-Motors. Umgekehrt kann man bis zu zwei Kilometer rein elektrisch dahinrollen, rangieren sowieso jederzeit.

Damit sind wir beim erwähnten Fahrspaß – nicht Vollgas-Thrills sind es hier, sondern das unterhaltsame, unterschwellige Eigenleben des Hybridsystems, das man bei Interesse über mehrere Monitoreinstellungen beobachten kann, und der stete Zustupf durch das schöne Drehmoment des E-Motors, der eine besonders entspannte Fahrweise befördert. Kein Vergleich mit einem ratternden Diesel, der wohl auch größte Mühe hätte, jene fünfeinhalb Liter Spritverbrauch für ein Auto der Größe zu realisieren. Der Prius+ ist ein Kombi mit imposantem Laderaum, für dessen 136 PS man nur 99 PS zahlen muss, und der um 32.280 Euro bereits ordentlich ausgestattet ist. (tiv)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2015)

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