In diesem Segment spielt derzeit die Musik, und da wartet Honda mit einem V4-Konzert auf: Die VFR800X Crossrunner hat ihre Qualitäten, freilich auch ihren Preis – es geht in Richtung Oberklasse.
Das hart umkämpfte Segment der Tourer macht 2015 mit heißblütigen Reviergefechten auf sich aufmerksam. Neuheiten wie die XR 1000 von BMW, Ducatis Multistrada oder die Versys 1000 von Kawasaki buhlen um die Gunst des reise-, zumindest tourenfreudigen Zweiradkäufers.
Neben den Ein-Liter-Modellen stellt Honda dieses Jahr einen weiteren Mitbuhler ins Feld: die VFR800X, oder, etwas griffiger getauft, Crossrunner. Wir haben dem Bike in einem ersten Test aufs Getriebe gefühlt.
In die Oberklasse
Vier Jahre lang hat die VFR800X seit ihrer Markteinführung 2011 auf ein Update gewartet. Wohin der Wind weht, ist nun klar: Man visiert die Oberklasse an.
Die technischen Daten unterstreichen dies: satte 106 PS (Drehmoment: 75 Newtonmeter) leistet das drehfreudige und durchzugsstarke V4-Triebwerk.
Für Abenteuer abseits der Straße ist es eher ungeeignet. Ein Ohrenschmaus ist in jedem Fall der Sound des kräftigen Aggregats.
Die 310-mm-Doppelscheibenbremse arbeitet zuverlässig, könnte in Anbetracht der Leistung jedoch noch entschlossener zupacken. Immerhin befindet sich eine zweistufige Traktionskontrolle an Board, die gegebenenfalls auch abgeschaltet werden kann. ABS ist serienmäßig verbaut.
Aufrecht die Sitzposition, königlich gleitet man über den Asphalt. Das vollständig digitale Cockpit bietet eine Vielzahl an Informationen wie Außentemperatur, Gang, Tankinhalt etc. sowie eine großzügig dimensionierte Geschwindigkeitsanzeige.
Beim Design haben sich die Japaner Mühe gegeben. Der bestimmende Blick der Maschine gefällt auf Anhieb. Auch sonst wirkt das Bike dynamisch und entschlossen, stets bereit für den schonungslosen Einsatz.
Das Handling der Maschine ist tadellos. Aufsteigen, sicher fühlen, losziehen – so lautet die Devise. Trotz der 242 kg lässt sich das Bike hervorragend manövrieren. Selbst im kurvigen Terrain verliert die VFR800X ihr Gesicht nicht.
Praktische Features sind eine höhenverstellbare Sitzbank, selbstrückstellende Blinker sowie fünfstufige Heizgriffe – einmal bei Schlechtwetter in den Genuss gekommen, möchte man sie nicht mehr missen. Weiteres, gegen Aufpreis erhältliches Zubehör wie eine Topbox, Koffersatz, Schaltassistent etc. ist ebenso erhältlich.
Die Luft wird dünn im Segment der Tourer, dicht ist die Produktpalette, anspruchsvoll sind die Kundenwünsche. Ob sich die neue VFR800X gleich als Platzhirsch behaupten können wird, ist zu bezweifeln. Auf jeden Fall stellt sie eine attraktive Alternative zu den Touring-Maschinen mit größerem Hubraum dar. Für 13.790 Euro erhält man ein rundum konsistentes Paket mit schönem V4-Motor als technischem Schmankerl. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2015)