Börsencrash bremst den Autoabsatz

Production Inside Nissan Motor Co.´s Kyushu Plant
Production Inside Nissan Motor Co.´s Kyushu Plant(c) Bloomberg (Buddhika Weerasinghe)
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Die Konsumenten haben nun kein Geld für teure Autos – die deutschen Premiumhersteller Mercedes, BMW und Audi spüren schon die Zurückhaltung – ihre Aktien verlieren an Wert.

Peking/Berlin. Nach radikalen Eingriffen von Regierung und Notenbank ist der Absturz der chinesischen Börsen zwar gestoppt – allerdings waren 1422 Unternehmen, 49 Prozent der an Chinas Börsen gelisteten Werte, in den vergangenen Tagen vom Handel ausgesetzt, wodurch das Bild verzerrt ist. Laut Bloomberg waren rund 2,4 Billionen Dollar oder 36 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung vom Handel ausgeschlossen.

Auch wenn sich der Abwärtstrend an den Börsen in Shanghai und Hongkong nicht mehr bzw. nicht mehr so stark fortsetzen sollte – die Konsumenten, die auf den Aktienmärkten in China dominieren, haben sehr viel Geld verloren. Anders als in Europa oder den USA werden in China rund 85 Prozent der Transaktionen auf dem Aktienmarkt von Privatpersonen getätigt. Dieses Geld fehlt jetzt für größere Anschaffungen wie einen teuren Wagen von Audi, BMW oder Mercedes. Schon länger treibt die Abkühlung der Nachfrage den deutschen Premiumherstellern Sorgenfalten auf die Stirn, doch der jüngste Crash verschärft die Lage.

Was Experten wie Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler schon längst erwartet haben, wurde am Freitag vom chinesischen Verband der Automobilhersteller, CAAM, bestätigt: Der weltweit größte Automarkt wächst heuer nicht einmal halb so stark wie angenommen. Der Absatz von Autos und Nutzfahrzeugen werde nur um drei Prozent statt um sieben zulegen. 2014 gab es ein Plus von 6,9 Prozent.

„Der Aktienmarkt beeinträchtigt den Autoverkauf“, sagte CAAM-Chef Dong Yang angesichts des jüngsten Börsencrashs. „Es kommen derzeit 20 bis 30 Prozent weniger Kunden in die Autohäuser.“ Schon im ersten Halbjahr stockte der Absatz. Ein Grund dafür ist die schwächere Konjunktur in der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Diese dürfte 2015 so langsam wachsen wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr, wie die Regierung erwartet. Dazu kommt die strikte Bekämpfung der Korruption, die dafür sorgt, dass weniger teure Autos verkauft werden: Mit einem dicken neuen Wagen will keiner Argwohn auf sich ziehen.

Die Verunsicherung trifft in erster Linie die deutschen Hersteller, die von zweistelligen Wachstumsraten verwöhnt sind. Noch hält der deutsche Branchenverband VDA an seiner Prognose fest, wonach der Pkw-Absatz heuer um sechs Prozent auf knapp 19,5 Millionen Neuwagen klettern soll. Die Ziele dürften jedoch nach der CAAM-Prognose Makulatur sein. „Wir können froh sein, wenn wir fünf Prozent erreichen“, sagt Stefan Bratzel, Chef des Center of Automotive Management.

Nur Mercedes legte zu

Volkswagen hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Fabriken in China hochgezogen und schlägt mehr als ein Drittel seiner Fahrzeuge dort los. Einen großen Teil des Gewinns fahren die Wolfsburger in China ein. Das dürfte künftig anders sein. Aber auch die Oberklassehersteller werden bescheidener: BMW verzeichnet im Juni erstmals seit zehn Jahren ein Absatzminus von 0,1 Prozent. Bei Audi lag der Rückgang bei fast sechs Prozent. Nur Mercedes schaffte dank der C-Klasse ein Plus von 40 Prozent.

„China ist immer noch der am schnellsten wachsende und interessanteste Markt der Welt“, gibt sich Jörg Burzer, Einkaufschef von Daimler in China, optimistisch. BMW geht hingegen davon aus, dass die Marktabschwächung in China das Premiumsegment stärker treffen wird als den Gesamtmarkt.

Die Börse spiegelt die schlechteren Aussichten wider: Die Aktienkurse gingen in den vergangenen Tagen deutlich in die Knie – nachdem sie schon seit Monaten nach unten tendiert hatten. (eid/ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2015)

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