Es wird aristokratisch: Siebener, der Sechste

BMW 7
BMW 7(c) Werk
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Dass der neue Siebener von BMW sich weiter Richtung Upper-Premium strecken wird, war klar. Wie intensiv der Luxusanspruch tatsächlich geraten ist, überrascht dann aber doch.

In sechs Generationen ist die große Limousine von BMW delikat gereift, hat sich vom bayerischen Vordränger zum soliden Establishment hochgearbeitet.

Trotziger Herrschaftsanspruch als erster deutscher Nachkriegs-Zwölfzylinder oder ästhetischer Aufreger dank Design-Rauschs des Chris Bangle – das war ein einmal. 2015 ist die Münchener Top-Baureihe grundlegend entstört und dem Premium-Mainstream angepasst – oben angekommen, um zu bleiben. Ganz der gepflegten Bewegung seiner Fahrgäste auf höchstem Niveau verschrieben, und dem bisschen Mehr, um das wir bisher noch gar nicht zu fragen wagten: Einparken mit Fernsteuerung von außen etwa, oder Fahrzeugschlüssel mit Info-Display, sogar Gestensteuerung im Inneren.

Verwechslung ausgeschlossen

Der bisher längste Serien-BMW aller Zeiten wirkt gar nicht so. Die sehnige Linienführung kaschiert die beachtlichen 5,1 Meter der Normal- und sogar die 5,24 Meter der Langversion gekonnt – und riegelt trotzdem professionell nach unten ab: Verwechslungen zwischen Fünfer und Siebener sind auszuschließen.

Drinnen herrscht gediegenes Upperclass-Ambiente mit der üblichen Häufung von Leder und Lackpaneelen, das obligate Chrom neuerdings zunehmend durch Oberflächen mit Alu-Haptik ersetzt: Luxus als unaufgeregte Selbstverständlichkeit.

Wer dennoch gern etwas Prestige und dazu einige Euro drauflegen will, wird mit Angeboten gut bedient, die Pure Excellence oder Individual Design heißen. Außerdem erlöst BMW das seit Generationen stiefmütterlich benachteiligte Klima-Display endlich von seinem monochromen Elend – es erstrahlt nun als einer von drei digitalen Multicolor-Bildschirmen im Fahrzeug. Optional kommt noch einer dazu: Der Schlüssel mit Display taugt zum Bedienen einer beachtlichen Zahl von Funktionen, darunter eben auch ferngesteuertes Einparken.

Auf Bedienungsvorlieben wird generell geachtet: Praktisch alle Funktionen können altbacken händisch per Tastendruck und Regler angewählt werden. Alternativ natürlich auch mit dem Navigieren durch die Bildschirmmenüs am iTouch-Drehknopf. Oder doch lieber über Sprachsteuerung? Wer mundfaul ist, kann jetzt auch einfach stumme Gesten machen – ein Sensor erkennt definierte Handbewegungen zur Menüsteuerung. Einstweilen geht aber noch nicht viel: Anrufe annehmen oder ablehne, die Lautstärke regeln.

Moses am Meer

Man kann aber davon ausgehen, dass Siebener-Fahrer in mittlerer Zukunft über ihr Cockpit-Reich gebieten wie Moses über das Rote Meer.

Ebenfalls an Bord ist natürlich der volle Umfang an intelligenter Vernetzung, inklusive der ziemlich googelig anmutenden Dienstleistungen des BMW-Rechenzentrums. Die Datenschutzbedingungen füllen eine Doppelseite Kleingedrucktes im Katalog.

Erfreulicherweise ist der große BMW in jeder Motorisierung immer noch eine feine Fahrmaschine geblieben. Proaktives Fahrwerk mit Wankausgleich, Luftfederung, erstmals ein adaptiver Modus, der die Fahrzeugabstimmung automatisch an das Fahrverhalten des Fahrers anpasst. Die ehrwürdige Tradition der Reihensechszylinder lebt als Benziner mit 326 PS und Diesel mit 265 PS weiter, beide doppelzwangsbeatmet per Twin-Turbos. Der V8 mit 450 PS setzt noch eins drauf, die Acht-Gang-Steptronic ist serienmäßig und optimiert ihre Schaltstrategie nun auch navigationsgestützt, vorausschauend bei Steigungen und Kurven etwa.

Der tatsächliche Klassenunterschied liegt nicht nur im technischen Sättigungsgrad, sondern vor allem im reibungslosen und meist unmerkbaren Zusammenspiel aller Systeme, die den Fahrer trotz ihrer scheinbaren Übermacht in Ruhe lassen.

All das gibt es naturgemäß nicht als Sonderangebot: Der 730d schafft es gerade noch einmal fünfstellig auf 96.000 Euro Einstiegspreis, die Obergrenze markiert der 750i in Langversion mit 140.000 Euro. Wobei der Luxus auch ein Limit hat: Selbst die eifrigsten Ankreuzer in der Aufpreisliste schaffen vorn keinen Zweier beim Endpreis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2015)

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