Honda HR-V: Was man einem Auto nicht ansieht

Keine Liebe auf den ersten Blick, aber hinterm Lenkrad wird es schon lustiger: Honda HR-V.
Keine Liebe auf den ersten Blick, aber hinterm Lenkrad wird es schon lustiger: Honda HR-V.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der etwas nüchterne und gar unauffällig in die Welt lugende Honda HR-V birgt manche Überraschung: Das Auto macht richtig Spaß – und hat Platz, wo man ihn braucht.

Honda, so scheint es, hat beim Design ein bisschen der Mut verlassen. Dabei konnten japanische Konkurrenten mit exaltierter Gestaltung durchaus Erfolge einfahren – allen voran der Nissan Juke. Von Mazda und Toyota sind einigermaßen gewagte SUV-Konzepte angesagt, Lexus hat sie schon verwirklicht. Doch Honda ist in der Vergangenheit für den relativen Mut beim kompakten Civic in Europa auch nicht gerade fürstlich belohnt worden. Das lag, wohlgemerkt, nicht nur am Aussehen.

Der HR-V, schon vom Namen her eher nicht der Paradiesvogel, tritt seine Mission jedenfalls gestalterisch auf der sicheren Seite an. Da buhlt nichts um Aufmerksamkeit – nur keine Gags, die irgendjemand als störend empfinden könnte, lautet das Motto. Honda hat derzeit bestimmt keine Marktanteile herzuschenken, da nimmt die Lust auf Risiko ganz rapide ab.

Auf anderer Ebene

Unschön ist der HR-V ja nicht, nur weitgehend anonymisiert im Auftritt – speziell am Heck gibt es nichts, an das sich das Auge, an das sich ein Blick hängen könnte. Zur Verteidigung lässt sich sagen: Nicht jeder will sich mit seinem Auto verwirklichen oder darstellen, und nicht weder will in einem Juke gesehen werden.

Vor allem aber findet im Honda der Spaß auf einer anderen Ebene statt – im Gebrauch, beim Fahren und Hantieren. Insofern war der HR-V die Überraschung des vergangenen Jahres. Das Auto hat Schwung, Temperament und Humor, man sieht es ihm nur nicht gleich an. Das kann man als Manko verbuchen, wenn man optisch so gelungene Exemplare wie den Mazda CX-3 heranzieht.

Der HR-V ist zielgenau im Zentrum des SUV-Geschehens positioniert, nämlich dort, wo die Abmessungen nicht ausufernd, sondern im Gegenteil kompakt bis fast kleinwagenmäßig sind. Es ist diese Kategorie, die in Europa und besonders in Österreich die größten Wachstumsraten einfährt.

Mahnende Lichtorgel: Farben reflektieren den Fahrstil. Die Schaltung verlockt.
Mahnende Lichtorgel: Farben reflektieren den Fahrstil. Die Schaltung verlockt.(c) Die Presse (Clemens Fabry)

Auf knapp 4,3 Metern Länge werden deswegen auch keine abenteuerlichen SUV-Inszenierungen abgefeiert – etwas mehr Luft in den Radkästen, was zu einem Hochparterre von über 1,6 Metern führt, kräftig betonte Radläufe, dazu ein Dach, das heckwärts stark abfällt und Coupé-Charakter signalisiert – unterstützt von versteckten Griffen der Türen im Fond. Die Kniffe kennt man ja.

Auch das Cockpit ist noch keine Kuschelhöhle, es ist mehr der technoide Touch, den Honda pflegt. Mit dem Druck auf den Startknopf meldet sich ein munteres Kerlchen zum Dienst, ein 1,5-Liter-Benziner mit Hondas aufwendiger Ventilsteuerung i-VTEC. Der Hersteller demonstriert, dass es nicht unbedingt eines Turbos braucht – der Vierzylinder entwickelt aus dem Stand einen kräftigen Zug, den man bei Bedarf auch bis zur Nennleistung von 130 PS treiben kann, ohne dass die Arbeitsgeräusche irgendwie nach Mühe klängen.

Es hilft natürlich, dass die Abstimmung des Getriebes schlicht perfekt zu nennen ist. Das Auto geht so fein von der Kupplung, um augenblicklich auf der ersten Drehmomentwelle aufzuschwimmen, dass Rufe nach einer Automatik (ein CVT-Getriebe wird optional geboten) ebenso schnell verstummen.

Klack-klack-klack

Und klack-klack-klack geht es weiter durch die sechs Gänge, kurz und aus dem Handgelenk, ein echter Spaßfaktor und noch besser gelungen als im Jazz. Die fröhliche Schaltarbeit im HR-V bringt den Anspruch der beseelten Ingenieurskunst, den Honda so pflegt, wohl am besten auf den Punkt. Es sei deshalb ausdrücklich zum drehfreudigen Benziner geraten, der spart einem auch fast 90 Kilogramm Mehrgewicht an Bord.

Eine Generation moderner als im Jazz sind das Cockpit und das Bordsystem, das man mit Apps aufstocken kann. Immer wacht ein changierendes Farbenspiel wie eine mahnende Lichtorgel über den Fahrstil. Wichtigstes Mitbringsel sind die Magic Seats, die man einerseits zu einer gänzlich flachen Ebene zusammenlegen kann, die sich aber andererseits wie im Kino hochklappen lassen, um in der zweiten Reihe sperriges Zeug zu verstauen. Der Umgang könnte einfacher nicht sein, was den HR-V zu einem talentierten kleinen Transporter macht. Den man ihm nicht ansieht.

Honda Hr-C 1.5 i-VTEC

Maße: L/B/H: 4294/1772/1605 mm. Radstand 2610 mm.
Leergewicht: 1312 kg. Ladevolumen 431–1473 Liter.
Motor: R4-Zylinder-Otto, 1498 cm3. Leistung: max. 96 kW (130 PS) bei 6600/min. Drehmoment: max. 155 Nm bei 4600/min.
Frontantrieb. Manuelles Sechsgang-Getriebe.
0-100 km/h in 10,2 sec, Vmax: 192 km/h. Testverbrauch 7,4 l/100 km.
Preis: ab 23.560 Euro (Elegance).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2016)

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