Der Vernünftige – in Wahrheit ein Gasslheizer

Toyota Auris Hybrid: sparsam und sauber in der Golf-Klasse.
Toyota Auris Hybrid: sparsam und sauber in der Golf-Klasse.Clemens Fabry/Die Presse
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Flottes, dabei diskretes Kreuzen in der City: Der Toyota Auris Hybrid ist der geborene Stadtbewohner.

Noch hält sich der Diesel als beliebteste Motorisierung im Land, gestützt von einer verfehlten Verkehrs- und Steuerpolitik. Besonders drastisch wirkt sich das in unseren Städten aus: Die Luftqualität ist miserabel. Wenigstens sickert es dank VW-Skandal langsam ins allgemeine Bewusstsein, dass es mit der Sauberkeit des Selbstzünders nicht weit her ist. Weil aber in Zukunft etwas genauer geschaut wird, welche Mengen an giftigen Schadstoffen tatsächlich emittiert werden, haben die europäischen Autohersteller, ganz dem Dieselmotor verschrieben, sich ausbedungen, längst geltende Emissionsgrenzen noch auf Jahre hinaus um mehr als das Doppelte überschreiten zu dürfen. Verantwortung sieht anders aus, bei Politik wie Wirtschaft.

Über kurz oder lang wird sich der Dieselmotor aber selbst aus dem Markt nehmen, zumindest bei kleineren Autos. Dort lassen sich die kleinen Chemiefabriken zur Abgasreinigung schlecht unterbringen, preislich wie räumlich. Es wird dann die Stunde der Hybriden schlagen – jener Elektrifizierung, die den sauberen Benzinmotor bei der Effizienz unterstützt. Man wird sehen, ob die europäischen Hersteller den Vorsprung, den sich Toyota auf dem Gebiet gesichert hat, dann noch einholen können.

E-Motor übernimmt

Aus Fahrersicht sind Autos wie der Auris Hybrid sowieso eine Wohltat in der Stadt. Die meiste Zeit hört man nichts vom Benzinmotor, weil er grundsätzlich leise ist – oder gar nicht läuft, weil der E-Motor übernommen hat. Der Anteil der rein elektrisch fahrbaren Kilometer ist zur vorigen Auris-Generation spürbar gestiegen. Statt bloß bremsen: rekuperieren! Auch lässt sich schwungvoller fahren, denn allein der E-Motor legt sich mit spontan abrufbaren 207 Newtonmeter Drehmoment ins Zeug, Systemleistung: 136 PS. Das ach so vernünftige Auto ist in Wahrheit ein frecher Gasslheizer, nur dass man sich nicht mit Lärm und quietschenden Reifen bemerkbar macht. Wir haben uns einen Spaß daraus gemacht, allerhand Ampelduelle für uns zu entscheiden – überraschend (und ärgerlich) für siegesgewisse Konkurrenten. Das ist natürlich nicht hybridvernünftig, die sportive Fahrweise hat uns wohl einen besseren Verbrauch verhagelt. Dennoch stehen wir mit 5,3 Liter, ausdrücklich mit gerechtem Langstreckenanteil, fein da.

Der Hybridantrieb im Golf-Format überzeugt, selbst mit diesem CVT-Getriebe, das überland zuweilen nerven kann. Weniger toll der Rest vom Auto. Der Auris ist charmefreie Zone. In der Anmutung kommt er an den Golf nicht heran, die Abrollgeräusche sind auch für Winterreifen zu hoch. Dass ein so zukunftsträchtiges Auto mit einer ärmlichen Funzel als Kofferraumbeleuchtung aufwartet: ärgerlich. Auch der Basispreis von 23.850 Euro wird wohl dazu beitragen, die Entscheidung pro Hybrid vielfach noch hinauszuschieben. (tiv)

(Print-Ausgabe, 22.04.2016)

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