Die Post-Diesel-Ära kann beginnen

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Neuvorstellung. Für die fällige Entwöhnung vom Dieselantrieb bringt Kia den Niro in Stellung – ein moderner Crossover, der von seinem effizienten Hybridantrieb nicht gebrandmarkt ist.

Was hat die deutsche Autoindustrie eigentlich daran gehindert, ein solches Auto zu bauen? Vermutlich die sehr späte Einsicht, dass man mit dem Dieselmotor zwar viel Geld verdient hat, aber in eine Sackgasse geraten ist. Nirgendwo auf der Welt, wo der Staat nicht tatkräftig den Dieseltreibstoff subventioniert und die Abgasgesetzgebung kein schlechter Scherz ist, herrscht Interesse an den ratternden Maschinen, deren Schadstoffemissionen nur mit aufwendigen Chemiefabriken an Bord im Zaum zu halten sind (solange jedenfalls die Sonne scheint, der Fahrer nicht wirklich Gas gibt und die Außentemperatur der Steuerungselektronik genehm erscheint). Die vielfältigen Tricksereien, den Diesel am Leben zu erhalten, beileibe nicht nur von VW, sind aufgeflogen, jedwede CO2-Einsparung durch den europäischen Dieselboom ist als Mythos entlarvt. Was folgt?

Es kommt nun dem südkoreanischen Hyundai-Kia-Konzern die Aufgabe zu, den getäuschten Konsumenten einen Ausweg zu weisen, vor allem aber am weltweiten Potenzial einer sauberen und effizienten Antriebsart zu schöpfen, das Hybrid-Pionier Toyota einstweilen nur angebohrt hat.
Als Prius-Konkurrent ist denn auch primär der Hyundai Ioniq zu sehen, der sich den technischen Unterbau mit dem Kia Niro teilt.

Spaß und Crossover


Kia hat sich an einer anderen Schnittmenge von Motiven orientiert, dort stehen Fahrspaß und das Crossover-Format im Vordergrund. Das bedingt zum Beispiel eine simple Heckklappe statt des aerodynamisch günstigeren Fließhecks, wie es der Ioniq aufweist, resultierend im etwas höheren Normverbrauch des Niro von 3,8 Litern/100 km.


Nichts weist äußerlich darauf hin, dass der Niro unkonventionell motorisiert wäre, das wird auch in einem gefälligen, geräumigen, grundsätzlich aber unauffälligen Interieur so gehalten. Basis ist eine eigens für die Baureihe geschaffene Plattform, auf der künftig auch ein reiner Stromer und ein Plug-in-Hybrid verkehren werden – Hyundai bekam den Vorzug und hat diese Modelle bereits auf der Straße.


Wie auch immer angetrieben: Bei einer Fahrzeuglänge von 4355 mm hat man die Überhänge kurz gehalten, woraus sich stattliche 2,7 Meter Radstand ergeben. Die Batterie des Hybrids mit 1,56 kWh Kapazität ist bodennah unter den Rücksitzen verstaut, was den Kofferraum unbeeinträchtigt lässt – 427 Liter standardmäßig lassen sich durch Umklappen der Rücksitze auf 1425 Liter erweitern.


Die Batterie ist groß genug, ein stillschweigendes Anfahren, jedes Rangieren und immer wieder rein elektrische Passagen unterwegs zu gestatten, jeweils angezeigt durch ein EV-Symbol auf der Instrumententafel. Der Elektromotor unterstützt aber auch die dynamischen Qualitäten des Antriebs, denn er hilft dem 1,6-Liter-Benziner (Direkteinspritzung, kein Turbo) durch einen Zustupf in den Kraftfluss über das Drehmomenttal. Das wird bei flotter Fahrt gern genommen, aber auch in Kreuzungssituationen, die man auch ohne hohe Drehzahlen schnell hinter sich lassen will. Vor allem aber sorgt das Doppelkupplungsgetriebe mit sechs Gängen für eine unaufgeregte Kraftentfaltung.


Wir haben den versprochenen Fahrspaß beim Wort genommen und die Fuhre flott über den Montserrat getrieben. In einer durchschnittlicher Anwendung wird sich das Auto agil und dynamisch anfühlen, Ausflüge in den Grenzbereich werden von einer Neigung zum Übersteuern gebremst, wohl aber auch nicht das natürliche Habitat des Autos. Der Spaß ist vorhanden und wird auch nicht von unwirtlichen Verbrauchszahlen gemindert – deutlich über acht Liter haben wir auch mit größter Anstrengung nicht geschafft. Beim Commuten im dichten Verkehr schlugen zuletzt 4,4 Liter zu Buche. Von den 141 PS Systemleistung, zumal drehmomentstark dargebracht, sind nur die 105 PS des Benziners steuerlich kostenpflichtig. Kia liegt mit dem ab 26.290 Euro teuren Niro etwas über dem Ioniq, will den Mehrpreis aber kompensieren.

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