Autosalon Paris: Die Welt wird nebenbei gerettet

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US-TELSA(c) APA/AFP/GETTY IMAGES/JUSTIN SULLIVAN
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Es ist still geworden um das Elektroauto – doch die Ruhe täuscht. Im Herbst gibt es Ausblicke auf viele neue Modelle. Einstweilen baut Tesla das schnellste Auto der Welt.

Es mag manchen Benzinbruder nachhaltig erschüttern: Das schnellste Auto der Welt kommt gänzlich ohne flüssigen Kraftstoff aus – es hat auch keinen Auspuff und macht infolgedessen so gut wie keinen Wirbel, wenn es den obligaten Sprint von null auf 100 km/h in zweieinhalb Sekunden erledigt. Diesen Wert verspricht jedenfalls der kalifornische Hersteller von Elektroautos, Tesla, wenn die neueste Variante des Model S an den Start geht.

Damit würde der P100D schneller beschleunigen als die bisherigen Rekordhalter, Porsche 918 Spyder und Ferrari LaFerrari – diese jedoch sind „Multimillionendollarautos in limitierter Auflage, die man nicht mehr neu kaufen kann“, so Tesla. Anders als die Topvariante des Hauses, die in den USA 134.500 Dollar kostet, wobei P für Performance steht, 100 für die Akkukapazität in Kilowattstunden und D für Dual Drive – so nennt sich der Allradantrieb mit jeweils einem Motor an Vorder- und Hinterachse. Voraussetzung für den Raketenstart ist freilich noch der extra zu bezahlende Ludicrous-Modus – eine Funktion für „haarsträubende“ Beschleunigung. Die Antriebseinheit wird auch für das SUV der Marke zu haben sein, das Model X. Die Reichweite soll gemäß NEFZ bei über 600 km liegen.

Mit ökologischen Heilsbotschaften hat sich Tesla immer zurückgehalten, die Autos werden primär über das Fahrerlebnis verkauft. Im Internet kursieren jede Menge Clips, in denen stolze Besitzer Mitfahrenden die brachiale Beschleunigung vorführen. 2015 verkaufte Tesla etwa 50.000 Exemplare des Model S, in den USA und anderen bedeutenden Märkten schlug die elektrische Limousine etablierte Konkurrenten wie die S-Klasse von Mercedes aus dem Feld.

An dieser Strategie nehmen sich andere ein Beispiel. General Motors wagt mit dem Chevy Bolt einen neuen Anlauf, bei uns stellt Opel ein adaptiertes Modell als Ampera-e vor. Zentrale Botschaft ist nicht die Weltenrettung, sondern – Fahrspaß. Der kräftige Elektromotor mit 204 PS und 360 Nm Drehmoment peitscht die fünfsitzige Fuhre voran wie ein Sportwagen, stellt Opel in Aussicht.

In kaum mehr als drei Sekunden sei Tempo 50 erreicht, beim Durchzug von 80 auf 120 km/h kann man sich einem Porsche Boxster stellen. Erst bei 150 km/h ist Schluss, das sollte auch für die meisten Autobahnetappen gut reichen. Apropos: Die Reichweite beziffert Opel mit mindestens 300 km im „echten Alltagsbetrieb“, laut NEFZ gar mit 400 km. Zum Preis schweigt man sich noch aus, spätestens beim Pariser Autosalon (1. bis 26. Oktober) gibt es dazu Details. Marktstart ist Sommer 2017.

Vom Misserfolg des ausgelaufenen Ampera lässt man sich offenbar nicht entmutigen – der Markt hat sich seit 2011 auch grundlegend verändert. Den vollmundigen Erklärungen, das E-Auto zu fördern, lassen immer mehr Regierungen Taten folgen, wobei alle nach Deutschland blicken. Dort wurde eine Prämie von 5000 Euro für den Kauf eines rein elektrischen Autos aus der Taufe gehoben.

Kommende Emissionsbestimmungen auf der ganzen Welt lassen den Herstellern auch nicht viel Wahl, der neuerliche Anlauf muss ernst zu nehmende Verkäufe nach sich ziehen. Dass sich die Ansichten geändert haben, wird man in Paris auch bei anderen Herstellern feststellen. Mercedes zeigt einen elektrischen Prototyp auf Basis des GLC. Auch bei Audi und Porsche wird man den aktuellen Stand der Entwicklung begutachten können: Noch in diesem Jahrzehnt werden die beiden eigene Tesla-Beater auf der Straße haben.

AUTOSALON PARIS

Mondial de l'Automobile. Jede Menge Weltneuheiten verspricht der traditionsreiche Autosalon von Paris – erstmals wurden 1898 die neuesten Automobile in der französischen Hauptstadt gezeigt. In diesem Jahr (1. bis 16. Oktober, www. mondial-automobile.com) kommt dem Elektroauto besondere Bedeutung zu, nachdem in jüngster Zeit nur wenig Neues mit E-Antrieb vorgestellt wurde. Die Kunstpause der Hersteller ist vorbei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2016)

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