Ein starker Wagen für "richtige Männer"

Der Ford Ranger, hier in der Topversion Wildtrak, ist ein Lastesel und Supercar für den Arbeiter- und Bauernstand, aber auch für das Kind im Mann.
Der Ford Ranger, hier in der Topversion Wildtrak, ist ein Lastesel und Supercar für den Arbeiter- und Bauernstand, aber auch für das Kind im Mann.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Pick-ups, eigentlich das Format fürs Grobe und für den Feldweg, erobern zunehmend die Vorstädte. Der Ford Ranger gehört in der Klasse zu den Veteranen. Wir ließen an den Neuen einmal richtige Buben, äh Männer ran.

Ungefähr 35°C hatte es am 3. November 1991, dem Tag des Formel-1-Grand-Prix von Australien in Adelaide, Bundesstaat South Australia, als ich 600 Kilometer nördlich in der rostroten Wüste des Outback bei einem artesischen Wasserloch stand und mir ein baumlanger Australier ein eiskaltes Bier in die Hand drückte. An der gelb-roten Dose Marke XXXX (ein Gebräu aus Queensland) perlten kalte Tropfen herab. Das Bier floss prickelnd die Kehle herunter.

Der Kerl mit Jeans, rotkariertem Hemd und Akubra-Hut hatte Dosen aus dem Esky geholt, der Kühlbox im Auto, sie war voll Bier und Softdrinks und sein Wagen ein klobiger Toyota Landcruiser Pick-up mit Doppelkabine. Von den vier, fünf Autos hier waren alle Allrad-Pick-ups oder geschlossene Geländewagen, Daihatsus, Isuzus, Holdens, und als ich über die sandig mahlende Piste des Oodnadatta Track nach 80 km bzw. drei Stunden die nächste Siedlung (fünf Bewohner) beim einsamen William-Creek-Hotel erreicht hatte, waren dort noch mehr Pick-ups. In der Bar grinsten sie, weil mein Wagen, ein beiger Kombi Marke Holden „Kingswood“ Bj. 1968 (Holden ist die australische GM-Tochter), mit Heckantrieb ohne 4WD für die Wüste nur halbcool geeignet war.

Vor Kurzem hatte ich im Auto wieder eine kalte Dose in der Hand (guess, mate: Eiskaffee!) und fuhr über einen kiesig knurpselnden Feldweg in Niederösterreich. Aber das Auto war jetzt auch ein Pick-up: ein Ford Ranger der aktuellen, elegant-mächtigen Version Wildtrak.

Endlich kein Flachfahrer mehr

Den Ranger bauten sie in den USA von 1982 bis 2011, noch heute für andere Regionen. Ältere Mazda B (ab 1961) waren Vorlage, bis heute sind Rangers und Mazdas (mittlerweile BT-Serie) Geschwister, das Werk in Südafrika, das den schön orangelackierten Testranger gebaut und nach Europa verschifft hat, macht auch die Mazda-Sisters, aber egal, ist kompliziert; wenn man in diesem Kreuzer von Auto hockt, denkt man eh an etwas anderes.

Etwa, dass man sich fühlt wie ein Reiter auf einem Bronco, der Verkehr duckt sich unter einem, und man wirkt bei Drive-ins von McDollar's und Bürgerkönig nicht wie ein Flachfahrer und Bittsteller. Anfangs hatte der Ranger nur einen girliemäßigen 72-PS-Motor, jetzt gibt's drei Diesel von 130 bis 200 PS, Letzteren im Testauto mit männlicher 3,2-Liter-Maschine, 470 Nm Drehmoment. Das wirkt bei 2,2 Tonnen Masse (etwa dem Dreifachen meines Käfers!) zwar gar nicht so wild, wird aber (Heckantrieb) trotz Antischlupfregelung und all dem elektronischen Zeugs nicht so optimal auf die Straße übertragen, speziell bei Nässe: Da bricht der Wagen leicht aus.

Besser taugt ihm Gelände: Hinein den richtig harten Kriechgang, wir fuhren, ja kletterten ohne optimale Geländereifen über arge, feucht-lehmige, überwucherte Steigungen in Bauernland, die Beifahrerin schrie, Zeug rutschte von den Sitzen, aber der Bub hinten im Kindersitz las entrückt einen Spielzeugprospekt.

Man findet das ausnehmend schöne, gringohaft wirkende Fahrzeug aber selten im Gelände, im Gegenteil häufig im städtischen Raum bis hin zu superurbanen Bezirken, in denen solche Autos wie Aliens wirken, aber zunehmend als „Lifestylefahrzeuge“ gelten. Well, in der Stadt bringt das freilich, abgesehen von der Parkplatzfrage und sauer dreinschauenden entgegenkommenden Radfahrern, etwas Stress mit sich, es kann durchaus passieren, dass man ob der Größe die Übersicht verliert und die mächtigen Außenspiegel zu Sichtblockern werden. Für Abstandwarner und Rückfahrkamera muss sich da nicht einmal ein richtiger Dude schämen.

Retro-Ästhetik aus ungezwungeneren Zeiten

Innen ist's solid, rustikal, ja richtig schön, mit feinen Nähten im haptisch griffigen Kunstleder und bemerkenswerter optischer Zurückhaltung bei den elektronischen Gadgets.  Wo etwa Franzosen und Japaner bei den Displays richtig einen auf Raumschiff-Ästhetik machen wirkt der Ranger sogar bei der Topausstattung retro, richtig 90er-Jahre, obwohl er vom Spurhalteassistenten (unnötig!) bis zum Navi, Audiosystem (echt fetter Klang!), erwähnter Rückfahrkamera etc. ganz viele feine Sachen hat (oder haben kann – Geldfrage). Der Computer warnte einmal sogar, dass der/die FahrerIn müde wirke.

Man fragt sich freilich, wieso Ladeflächen von Pick-ups rutschig sein müssen. Der Ranger packt dort oben eine Tonne Fracht, mehr als mein Käfer wiegt, aber wie wär's mit einer Gummierung? Kauft man nämlich etwa eine Kiste Bier und stellt sie rauf, wird sie schnell zur polternden Billardkugel. Nun ja, sagte ein Freund, richtige Pick-up-User füllen die Ladefläche natürlich mit Kisten auf Vorrat voll, da rührt sich nix mehr.

Als Gerhard Berger noch Rennen fuhr

Den GP von Australien gewann im November 1991 dann Ayrton Senna vor Nigel Mansell und Gerhard Berger. Es war eine ziemliche Regenschlacht, man hat das Rennen deswegen sogar abgebrochen. In der Nacht regnete es sogar weit oben im Outback und der Oodnadatta Track war stellenweise so unbefahrbar schlammig, vor allem natürlich für non-4WD-vehicles, dass ich noch zwei weitere Tage im William-Creek-Hotel abhängen musste/konnte. Don't ask!

DATENBLATT

Maße: L/B/H: 5277–5345/1860/1806– 1848 mm. Radstand: 3220 mm. Masse leer: 1917–2323 kg. Länge Ladefläche: 1615–2317 mm. Nutzlast: ca. 0,9–1,2 t.

Motor: (Testversion Wildtrak). Fünfzylinder TDCi, 3198 ccm, Leistung: 147 kW (200 PS), max. Drehmoment: 470 Nm. 0–100 km/h in ca. 10,5 sec. Vmax: 175 km/h. Testverbrauch: 10,4 l/ 100 km. Heckantrieb. Sechsgangautomatikgetriebe mit Manualmöglichkeit.

Preis: Grundmodell XL ab 28.600 € brutto, Wildtrak ab 40.380 €, Testwagen: 50.790 €.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2016)

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