Der die Diesel das Fürchten lehrt

 Dass der Kia Niro auf eine ähnliche Hybridtechnik wie der Prius setzt, sieht man ihm nicht an. Bewusst nicht.
Dass der Kia Niro auf eine ähnliche Hybridtechnik wie der Prius setzt, sieht man ihm nicht an. Bewusst nicht. Kia
  • Drucken

Der Kia Niro steht optisch gut im Cross-over-Mainstream und macht aus seinem Hybridantrieb kein Geschrei. Man will mit ihm weniger die Welt retten als primär fein fahren.

In Sachen alternative Antriebe sind die Autohersteller alles andere als einig. Einen wirklich konsequenten Vorwärtsdrang entwickelte in den vergangenen zehn, 15 Jahren eigentlich nur Toyota. Was mit dem wundersamen ersten Prius begann, hat sich zu einer Palette von Hybridfahrzeugen ausgeweitet, die mittlerweile auch kommerziell tragfähig ist. Für den nächsten Schritt hat Toyota bereits das Wasserstoffauto Mirai auf dem Markt – noch nicht wirklich attraktiv für die meisten, aber immerhin. Dagegen sucht man reine batterieelektrische Autos vergebens. Ein solches wiederum hat etwa BMW seit drei Jahren im Programm, auch ein paar Plug-in-Hybride, und von beiden Sorten wird in den nächsten Jahren einiges folgen. Den klassischen Hybrid lässt BMW aber komplett aus.

Damit sind wir bei Kia, der zweiten Reichshälfte des südkoreanischen Hyundai-Konzerns, der sich bei alternativen Antrieben zum Vollsortimenter entwickelt. Auf der neu entwickelten Plattform des Niro werden beide Marken (bei Hyundai: Ioniq) alles anbieten: rein elektrisch, Hybrid klassisch und Plug-in. Wir haben als Erstes den hybriden Niro ausgeführt.

Optisch im Mainstream

Gleich vorweg: Die Vorbehalte mancher Hersteller dem Konzept gegenüber teilen wir nicht. Natürlich lassen sich mit Plug-in-Varianten verführerische Verbrauchswerte darstellen, vor allem als dankbare Grundlage für den Flottenverbrauch eines Herstellers. Voraussetzung im echten Leben ist jedoch tägliches Aufladen. Das ist dem Gros der Autofahrer so bald aber kaum möglich. Mit dem Hybrid lässt sich schon jetzt guter Verbrauch zwar nicht in allen, aber den meisten Einsätzen erzielen. Speziell für jene, die zur Überzeugung gelangt sind, dass der Dieselmotor mit seinen Abgasen die schlechteste aller Varianten ist.

Anders als oft behauptet, ist der Niro nicht der erste Konkurrent des Prius. Die Prius-Gemeinde liebt ihr leicht spleeniges Gefährt, von dessen Eigenarten der Niro praktisch nichts aufweist. Er steht optisch gut im Mainstream der kompakten Cross-over, verzichtet damit zum Beispiel auf eine besonders aerodynamisch ausgeformte Heckpartie (wie sie der Ioniq hat).

Keine Prius-Avantgarde

An Bord finden sich keine futuristischen Stilelemente à la Prius-Avantgarde. Stattdessen ein solider Lederknauf, den man auf D stellt, um loszurollen. Dies freilich lautlos, denn jegliches Rangieren will der Niro immer elektrisch erledigen, dafür hält er sich auch bei Leerstand des kleinen, 1,56 kWh speichernden Lithium-Ionen-Akkus eine eiserne Reserve.

Je nach Einsatz des Gaspedals ruft man früher oder später den Benzinmotor auf den Plan, dies geräuscharm und völlig rucklos. Der 1,6-Liter-Vierzylinder mit Direkteinspritzung (105 PS, und nur die sind steuerlich relevant) läuft nach dem Atkinson-Prinzip – sehr sparsam, aber drehmomentschwach. Das macht aber nichts, denn genau dafür gibt es den Elektromotor, der mit maximal 43,5 PS Leistung antaucht und die maximale Systemleistung auf 141 PS erhöht. Das erlaubt ein spritziges Ansprechen, speziell dort, wo man es in der Stadt am liebsten hat: beim Anfahren und bei Sprints zwischendurch. Dieses komfortable, kurzweilige Fahrverhalten ohne Dieselgeratter macht Hybride im Alltag so attraktiv, nicht der Verbrauch allein. Denn der kann kräftig variieren. Von vier bis fast sieben Litern im Schnitt ist alles drin.

Beschleunigt man nachhaltiger, weil man zum Beispiel über Land flott fahren möchte, ist man für das Doppelkupplungsgetriebe mit sechs Gängen dankbar. Es holt – auch akustisch – das Beste aus dem Benziner raus, dem bei Autobahntempo die ganze Last obliegt. Der Niro zählt zu den Autos, mit denen man spontan Freundschaft schließt. Er hat Platz, ist ergonomisch makellos, einfach zu bedienen und mit keinerlei kompliziertem Kram überladen. Man sitzt etwas höher und wird schon in Basisvariante mit essenzieller Ausstattung bedacht – der Hybridantrieb kommt dabei fast als Bonus.

KIA NIRO

Maße. L/B/H: 4355/1805/1535 mm. Radstand: 2700 mm. Leergewicht: 1458 kg. Kofferraumvolumen: 427–1425 Liter.

Antrieb. 4-Zylinder-Otto, 1580 ccm, max. Leistung: 77,2 kW (105 PS) bei 5700/min. Max. Drehmoment: 147 Nm bei 4000/min. Permanentmagnetsynchronmotor, Spitzenleistung: 32 kW (43,5 PS), Nennleistung: 8 kW, Drehmom.: 170 Nm. Systemleistung: 103,6 kW (141 PS), max. Drehmom.: 265 Nm bei 1000–2400/min. Testverbrauch: 4,8 bis 5,8 l/100 km.

Preis ab 26.290 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.