Fein aufsteigen mit einem Fünfer

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Erwartungsgemäß keine Blöße gibt sich BMW mit der neuen Generation des 5er. Größer, leichter, smarter und vernetzter, darf nun auch im Cockpit gewischt werden.

Mit dem 5er begann 1972 die so griffige und übersichtliche Nomenklatura bei BMW (es folgten bald 3er und 7er), im gleichen Jahr startete Mercedes mit der S-Klasse seine Parallelhierarchie.

Der erste 5er, intern E12, wie er 1972 auf den Markt kam.
Der erste 5er, intern E12, wie er 1972 auf den Markt kam.

Aus der erwuchs schließlich die E-Klasse als Stuttgarts direkter 5er-Konkurrent, und meist wusste oder weiß man ziemlich genau, ob man 5er- oder E-Klasse-Typ ist.

Mit ruhiger Hand

In sechster Generation bekannte sich mit 2,2 Mio. Käufern eine Mehrheit zur bayrischen Oberklasse, und das mag erklären helfen, warum der neue, siebte 5er keine stilistischen Extravaganzen pflegt, die Linie vielmehr mit ruhiger Hand, wie man sagt, fortgeführt ist.

Mit der Erneuerung der Baureihe ging unvermeidlich ein Größenwachstum in alle Richtungen einher, der 5er streckt sich mit seinen bald fünf Metern (genauer: Länge 4935 mm, Radstand 2975 mm) zunehmend in Richtung 7er. Bemerkenswerte der Luftwiderstandsbeiwert, der beim neuen 5er mit Cw 0,22 besser ausfällt als beim Prius, trotz ungleich eleganterer Silhouette. All dies bei gleichzeitiger Gewichtsreduktion: 100 Kilogramm werden genannt, die durch Einsatz von viel Alu, Magnesium und einen cleveren Stahlmix weniger auf dem Asphalt lasten – zum Wohl des Verbrauchs und naheliegend auch der Agilität.

Vor allem Letzteres bestätigt ein erster Fahreindruck, den wir auf verlockend einsamen und kurvigen Landstraßen an Portugals Atlantikküste gewinnen konnten. Aber ist der gewundene Pfad noch das angestammte Terrain des Autos?

Zunehmend verlagert sich das Geschehen in den Innenraum, ins Cockpit, das sich als bewegliches Interface zum virtuellen Raum andient.

Perfekte Verschliffenheit, Bedienung per iDrive und/oder Touchscreen.
Perfekte Verschliffenheit, Bedienung per iDrive und/oder Touchscreen.(c) Tom Kirkpatrick

Das berühmte Drehrädchen zwischen den Vordersitzen, das so oft kopierte iDrive, verkommt zum Nebenschauplatz. Pionierhaft ersonnen wurde es, um den Fahrer einige Parameter im Bordsystem justieren zu lassen, während er fährt und lenkt, doch das Fahren und Lenken ist offenbar bald die Nebenhandlung, während das Aufsuchen digitaler Ebenen durch Bildschirmwischen heute im Vordergrund steht. Der 10,25 Zoll große Touchscreen ist größer als Apples iPad.

Kleiner Gag der App-Entwickler: Per aktivierter Rundum-Kameras kann man seinem elektronischen Schaf nun auch auf dem Handy beim Schlafen zuschauen.

Maximale drahtlose Vernetzung mit Cloud-basierter Lebensführung ist jedenfalls das Motto, und es wäre ziemlich steinzeitlich, sich im neuen 5er noch mit einem Gerät am Ohr erwischen zu lassen.

Apropos wischen: Auch die Gestensteuerung, bekannt aus dem 7er und nun etwas erweitert, ist auf Wunsch zu haben. Ungelegener Anruf? Eine kleine Luftwatsche mit dem Handrücken, schon verstummt die Störung.

Den Blick auf die Straße richten bei Bedarf Kameras und Sensoren, die uns dem pilotierten Fahren wieder einige Meter näherbringen. Bis zu sportlichen 210 km/h kann man sich mehr oder minder auf automatisierte Lenk- und Bremseingriffe verlassen. Die Kurven werden dann allerdings etwas zackig gefahren, das kennen wir schon flüssiger.

Mehr denn je ein Dynamiker - so perfekt, dass sich Schnellfahren schon unspektakulär anfühlt.
Mehr denn je ein Dynamiker - so perfekt, dass sich Schnellfahren schon unspektakulär anfühlt. (c) Tom Kirkpatrick

Vielleicht ein unfreiwilliger Hinweis, dass es sich immer noch lohnt, das Volant selbst zu bedienen – im fahrdynamisch ausgefeilten 5er wahrlich keine Bürde.

Solange man noch über den Raum unter der Motorhaube spricht, tun wir das gern: Standardmotorisierung in unseren Breiten wird erneut der Vierzylinderdiesel vulgo 520d sein, 190 PS stark, mit SCR-Abgasreinigung und Achtgangautomatik, mit Allrad ab 55.350 Euro. Der Sechszylinderdiesel mit 265 PS startet mit Allrad bei 62.450 Euro. Benziner? Minderheitenprogramm, wiewohl ein besonders feines, vor allem als Sechszylinder 540i mit 340 PS, ab 69.800 Euro mit Allrad. Der kultivierte Vierzylinder hat 252 PS und kostet ab 58.050 Euro. Wieder mit Allrad genannt, denn ohne X-Drive zählt ein BMW, zumal ein 5er, in unseren Breiten längst zur Minderheit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2016)

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