Toyota Prius: Die Birkenstocksandale passt

Impression von den gewaltigen Hafenanlagen im dänischen Aarhus: So weit hat uns der brave, sparsame, leise und geräumige Prius schon getragen.
Impression von den gewaltigen Hafenanlagen im dänischen Aarhus: So weit hat uns der brave, sparsame, leise und geräumige Prius schon getragen. (c) Juergen Skarwan
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Was passiert, wenn man den üblichen V6-Diesel gegen einen Toyota Prius tauscht? Eine Überraschung.

Natürlich färbt ein Auto auf den Fahrer ab. In einem Porsche fährt man stets hart am Tempolimit, in einem Jeep sucht man immer nach einem Waldweg, und in einem Skoda Yeti altert man auf der Stelle um 20 Jahre.

Wir streichelten also das Gaspedal, stiegen schon einen halben Kilometer vor der roten Ampel sanft auf die Bremse, beschleunigten an der Kreuzung derart, dass uns der Opa mit dem Kinderwagen auf dem Gehsteig überholte – kurz: Wir fuhren einen Toyota Prius.

Nun müssen wir vorweg gestehen, dass wir nie große Fans des Prius waren. Erstens, weil er so aussieht, wie er aussieht. Welcher Designer hat bitte dieses Hinterteil verbrochen? Und wer ist in der Entwicklungsabteilung gesessen und hat gesagt: Wunderbarer Entwurf, genau so bauen wir den!? Und zweitens: Weil er eben ein Prius ist, eine motorisierte Birkenstocksandale.

Keine Beschleunigungsrennen

Wir sind – darf man das überhaupt noch sagen? – Anhänger von großen SUVs und Pick-ups, die uns mit starken V6-Dieselmotoren in den Wald bringen. Unser Auto muss Platz bieten, geländegängig sein, schwere Lasten ziehen können und soll uns auch bequem und in einem netten Umfeld über längere Strecken transportieren. Wir denken hier zum Beispiel an einen Jeep Grand Cherokee, einen Range Rover oder die neuen Lifestyle-Pick-ups. Hin und wieder freuen wir uns auch, wenn sich etwas Flaches findet, das uns mit vielen PS über deutsche Autobahnen fliegen lässt.

Da passt der Prius eigentlich nirgends hinein. Wir fuhren ihn mehr, um dem Kollegen eine Freude zu machen, der seit Wochen von dem Auto schwärmt.

Nach ein paar Tagen des Pendelns kamen wir allerdings zu einem fast schon irritierenden Urteil: Der Toyota Prius ist ein rundum gelungenes Auto. Er ist leise, er ist sparsam, er ist sogar geräumig. Er ist – es ist uns fast unangenehm, das zu sagen – ein richtig sympathisches Auto.

Das beginnt beim Verbrauch des Benzin-Hybrid-Motors. Wir befürchten ja schon einen Motorschaden, wenn einer unserer V6-Diesel weniger als zehn Liter verbraucht. Und der Prius? Die tägliche Pendlerstrecke von insgesamt 42 Kilometern schaffte er mit 3,5 Litern auf 100 Kilometer. Wir machten uns einen Sport daraus, den Prius möglichst sanft und vorausschauend zu fahren, um so den Verbrauch noch weiter zu senken. Und tatsächlich: Von der etwas höher gelegenen Vorstadt in die Redaktion waren es eines Tages unvorstellbare 2,4 Liter.

Man gewöhnt sich auch schnell an die Ruhe, die man nicht nur dem zum Teil elektrischen Antrieb, sondern auch der guten Geräuschdämmung verdankt. Hier brummt nichts, hier tuckert nichts, der Hybrid versieht seinen Dienst still und unaufgeregt.

Die von uns sonst nicht sehr geliebte stufenlose Automatik mit ihrem Gummibandeffekt hat im Toyota Prius ihre volle Daseinsberechtigung. Das sanfte Dahingleiten wird durch kein Hoch- oder Runterschalten gestört, und das sonst so unangenehme Aufheulen beim Durchtreten des Gaspedals gibt es in dem Auto nicht, weil man das Gaspedal schlicht nie durchtritt.

Dabei könnte man, wenn man wollte. Der Prius bietet drei Fahrmodi an – Eco, Normal, Power – und stellt bei Letzterem alle elektrische Kraft der Beschleunigung zur Verfügung. Man könnte sich an der Ampel also durchaus ein Rennen mit dem kleinen Flitzer nebenan liefern – mit einem für den Flitzer zweifellos enttäuschenden Ergebnis. Nur macht man das nicht. Wir sind den Prius die meiste Zeit im Eco-Modus gefahren.

Der Test hat uns auch ein wenig mit dem Design des Prius versöhnt. Erstens, weil man ihn nicht sieht, wenn man drinnen sitzt, und zweitens, weil uns erklärt wurde, dass das Aussehen einzig dem Zweck dient, den Luftwiderstand möglichst gering zu halten. Auch ohne Elektroantrieb wäre der Prius ein sehr sparsames Auto, weil er so gute Cw-Werte habe.

Wir haben uns mittlerweile wieder vom Toyota getrennt. Demnächst steht der VW Amarok mit dem neuen V6-Dieselmotor vor der Tür. Das ist wie ein Fleischbuffet mit blutigen Steaks nach zwei Wochen veganem Essen. Wir hoffen, es schmeckt uns noch.

TOYOTA PRIUS 1,8 VVT-I

Maße. L/B/H: 4540/1760/1470 mm.

Ladevolumen. 343–1557 Liter.

Motor. Benzinmotor R4-Zylinder-Otto, 1798 cm3, 98 PS bei 5200/min.
E-Motor: 53 kW, Systemleistung: 122 PS.

Getriebe: stufenlos variable Automatik.

0–100 km/h in 10,6 Sek. Vmax: 183 km/h.

Testverbrauch. 5,6 l/100 km (vorläufige Gesamtbilanz).

Preis. Ab 31.140 Euro („Lounge“).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2017)

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