Ein Franzosen-SUV, so schön wie noch nie

Er ist einfach elegant und die Spur anders als andere. Dazu, mon Dieu!, dieser Wahnsinnshinterteil mit den Löwenkrallenlichtern – und innen der Hauch Retro-Raumschiff.
Er ist einfach elegant und die Spur anders als andere. Dazu, mon Dieu!, dieser Wahnsinnshinterteil mit den Löwenkrallenlichtern – und innen der Hauch Retro-Raumschiff. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Peugeot 5008. Der ab 2009 gebaute Van mutierte vom hamsterhaften Familienkreuzer zu einer seltenen, noch dazu veritabel eleganten Fusion aus SUV und Kombi. Die Franzosen haben derzeit einen auffallend guten Lauf beim Pkw-Design.

Wir wollen die Sache ganz unnationalistisch angehen: Seit einiger Zeit, zumindest seit 2016, mehren sich die Stimmen professioneller Autobeobachter und normaler Alltagslenker, dass die Deutschen beim Kfz-Design momentan ein schwaches Händchen haben, während die Franzosen einen besonders eleganten Pinsel schwingen.

Viele Teutonenwagen sind (Geschmacksfrage!) derzeit unterkühlt, fad und verwechselbar. Etwa VWs neue Polos und Golfs mit ihren schmallippig-verbissenen Frontpartien; oder an sich schnittige Kästen wie der Sharan, der beim Erscheinen Mitte der 90er cool aussah, an dem man sich aber sattgesehen hat, zumal er sich seither äußerlich wenig veränderte. Deutsche SUVs wiederum neigen zum Pompös-Aggressiven – vor allem, wenn sie einem dicht auffahren und den Rückspiegel füllen, die haben da oft nicht einmal Respekt vor meinem 1983er-Käfer, obwohl der so etwas wie ihr Stammvater Abraham ist.

Elegant, doch nicht affektiert

Doch zu den Franzosen: Was da jetzt an gelungenen Kurven, Kanten, Kühlergrills, Lichtpartien und blendend unorthodoxen Lackierungen die Straßen belebt, ist auffällig. Zuletzt ist's Peugeot, der ältesten noch existenten Automarke (Serienbau seit 1891), deren Urwerk nahe Montbéliard unweit der Schweizer Grenze liegt, gar gelungen, den Kfz-konservativen Kopf dieses Autors und Langzeit-VW-Fahrers zu verdrehen. Es begann 2016 mit dem neuen 3008, dem schönen SUV mit Katzenaugen und Wahnsinnshintern, der in der Masse der SUVs mit ihrer genetisch bedingten Mischung aus Klobigkeit und Präpotenz positiv auffiel.

Auch innen très élégant, ohne affektiert zu sein, ist er dennoch zu kurz für jemanden, der eine Fusion aus der Höhe eines SUVs und der langen Ladefläche eines Kombis wie beim Golf- oder Passat Variant sucht. Solche Fusionen sind selten.

Mais voilà: Im Sommer lieferte die Firma, deren Löwe auch Wappentier der alten französischen Region Franche-Comté (Freigrafschaft Burgund) ist, eine verlängerte Version: den neuen 5008. Dessen Vorgänger fährt zwar seit 2009, ist aber als familienkreuzerhafter Van konzipiert und von mäßig genialer Gestalt. Er sei hamsterhaft, ätzte ein böser Kritiker. Der neue 5008 indes hat eine auf seltsame Weise ätherische wie handfest-männliche Aura, die im Lauf der zwei Testwochen noch jeden Nachbarn und Bekannten, egal, ob VW-, Fiat- oder Renault-Fahrer, zu diesem Sager veranlasste: „Oh, der ist elegant.“

Er ist das auf kräftigen 4,64 Metern Länge, wobei die Ladefläche 1,15 Meter bzw. maximal effektiv nutzbare 1,8 bis 1,9 m bei umgeklappten Rücksitzen bietet; wahlweise haben eine dritte Reihe aus zwei Notsitzen für kleine Leute sowie der faltbare Elektroroller E-Kick mit zwölf Kilometern Reichweite etwa für städtische Ausflüge Platz. Vergleich: Mein alter Golf-IV-Variant bietet nur 98 bzw. etwa 162 Zentimeter. Mit bis zu 1940 Litern ist das Ladevolumen überaus groß. Eher mäßig dagegen ist jenes der Ablagen und des Handschuhfachs.

Ein Hauch deutscher Härte

Viel kommentiert wurde das im Vergleich zur Wagengröße sehr kleine, wenn ich richtig zähle, zehneckige Lenkrad. Peugeot zeigt, dass Größe hier nicht besser sein muss. Das kleine Ding, das dem Lenkrad eines Rennsimulations-Spielcomputers gleicht, lässt sich so widerstandsarm drehen, als drücke man gegen Luft, vermittelt aber feste Bodenhaftung. Die Motorenauswahl bietet drei Benziner und (wie war das mit der Dieselmotorkrise?) sechs Dieselbrenner zwischen 100 und 180 PS, wobei man eher nicht zu den schwächeren greifen sollte: Unser Testauto der zweitteuersten Variante, GT Line, bot 150 Turbodieselpferde und fuhr sich kanonenkugelartig, wobei die Federung weniger butterweich als sonst bei den Franzosen ist, sondern mit einem Hauch deutscher Härte.

Dass sich die digitale Cockpitanzeige variabel gestalten lässt (da ist auch Unnötiges, etwa der gravitationstrichterartige Fliehkraftanzeiger) ist toll für den Spieltrieb, während das Kernelement der Systemsteuerung, ein als Monolith mittig aufragender Touchscreen, easy bedienbar ist; das kann freilich auch ablenken. Den 1000er für das riesige Panoramaschiebedach sollte man übrigens ausgeben.

Basteln sollte Peugeot allerdings an dem blöden Spalt im Laderaumboden, der beim Umklappen der Rücksitze bleibt und wie eine Fallgrube für Kleinzeug wirkt, und an den Fensterrahmen, über die schon bei leicht offenem Fenster Regenwasser zu stark hereintropft. Die Farbauswahl ist mit neun Varianten mau, die meisten sind düstere Betroffenheitstöne. Auch brach der Wagen bei nasser Straße im Kreisverkehr zu leicht aus. Wenigstens erfing er sich und fuhr très élégant weiter. Bon alors!

DATENBLATT PEUGEOT 5008

Maße. L/B/H: 464/184 (Spiegel

eingeklappt)/164 cm. Leergewicht:

1315–1530 kg. Laderaumvolumen: 780 bis (Rücksitze umgelegt) 1940 Liter.

Motoren. Drei- und Vierzylinder-Benziner bzw. Vierzylinder-Diesel, 1199 bis 1997 cm3, 100–180 PS, 230–400 Nm Drehmoment. 0–100km/h in 9,1 bis 13,6 Sec. Vmax: 174–208 km/h. Verbrauch beim Test (Modell GT Line, 150 PS Diesel) manuell: 6,1 l/100 km über 631 km Teststrecke (Herstellerangabe: ca. 4,7 l).

Preis. Basismodell ab 27.450 Euro brutto inkl. NoVA. Testwagen: 48.783 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2017)

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