Tourismus: Ein Lift als Nervenprobe

(c) Clemens Fabry
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Eine Flut von EU-Verordnungen und gewerblichen Auflagen macht heimischen Hoteliers das Leben schwer. Bürokratie verhindert zum Teil sogar wichtige Investitionen.

Wien. Egal, in welcher Branche man sich in Sachen Wirtschaftsstandort Österreich umhört, im Grunde erklingt überall das gleiche Mantra: Arbeit weniger besteuern, Bürokratie abbauen und die überbordenden Verwaltungskosten senken. So auch im Tourismus.

„Wie sollen wir den Tourismus zu einem attraktiveren Arbeitgeber machen, wenn jede kollektivvertragliche Lohnerhöhung letztlich nur dazu führt, dass der Finanzminister mehr Geld bekommt, dem Arbeitnehmer aber kaum mehr übrig bleibt?“, fragt Harald Nograsek, Generaldirektor der Verkehrsbüro Group (Austria Trend Hotels, Motel One, Ruefa, Jumbo). Eine Senkung des Sozialversicherungsbeitrages für Unternehmer sei deshalb bitter nötig.

Den Denkmalschutz am Hals

Ein Problem habe die Hotellerie auch mit überhandnehmenden gewerblichen Auflagen: „Wenn man in seinen Betrieb investieren will, etwas neu bauen oder umbauen, wird einem das Leben schwer gemacht. Bei einem Altbau hat man sofort die Denkmalschutzkommission am Hals. Das verhindert Neuerungen, weil man dann so viel investieren müsste, dass es sich nicht auszahlt“, sagt der ehemalige Investmentbanker. Dabei sei es besonders in Wien, wo sich der Wettbewerb wegen der vielen Hotel-Neueröffnungen extrem verschärft hätte, überlebenswichtig, laufend in die Häuser zu investieren.

Den harschen Gegenwind verspürt auch die Verkehrsbüro-Group, immerhin Österreichs größter Tourismuskonzern mit einem Jahresumsatz von 874,5 Mio. Euro. 2013 rutschte dessen Hotelsparte in die roten Zahlen. In den letzten Jahren wurde viel Geld in die Renovierung und teilweise Neuausrichtung der 29 Austria Trend Hotels investiert.

Resignation bei Abgaben

Auch die WKO-Tourismus-Spartenobfrau, Petra Nocker-Schwarzenbacher, sieht in der Standortfrage Handlungsbedarf. Wobei sie beim Wunsch nach einer Senkung der Lohnnebenkosten eher resigniert: „Als gelernte Österreicherin weiß ich, dass richtige Reformen hier nicht stattfinden werden. Deshalb versucht man eben, an anderen Ecken anzusetzen.“

Mit Senkung der Arbeitskosten meine sie vor allem eine Senkung der Kosten für administrative Vorgaben: „Wir Hoteliers haben so viele Aufzeichnungspflichten, für jede Kleinigkeit muss es einen eigenen Beauftragten geben, vom Schwimmbad bis zum Aufzug. Das verschlingt Personalressourcen, dazu kommt, dass man dauernd in Schulungen investieren muss. Für einen Lift muss man einen Wartungsvertrag abschließen, er wird zweimal im Jahr überprüft, dazu kommt noch der TÜV, das kostet noch einmal 250 Euro. Solche sinnlosen Doppelgleisigkeiten gilt es, abzuschaffen“, fordert Nocker-Schwarzenbacher. Da würden von der EU oft ungeprüft Verordnungen weitergegeben, ohne dass sich jemand darüber Gedanken mache, was das für die Betriebe bedeute.

Problem Generationswechsel

Familienbetrieben, dem Rückgrat der heimischen Hotellerie, würden bei der Betriebsübergabe Prügel in den Weg gelegt. Nocker-Schwarzenbacher spricht aus eigener Erfahrung: „Als ich das Hotel meiner Eltern übernommen habe, hat sich im Betrieb nichts geändert, nicht einmal der Name. Es ist kein Geld geflossen. Trotzdem hatte ich Kosten von 40.000 Euro für Gebühren, den Notar und den Rechtsanwalt. Und in so einer Situation wird dann von einem erwartet, dass man Arbeitsplätze erhält.“

Da sei es nicht überraschend, wenn einige, gerade aus der jüngeren Generation, das Handtuch werfen, findet die Hotelière. Umso mehr sei es höchste Zeit, dagegen etwas zu unternehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2014)

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