"Volkszählung" bei Österreichs Fischen

Fische
FischeDie Presse/Fabry
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Die Bundesforste zählen nicht nur Bäume: Sie starten ein ungewöhnliches Projekt, um die Population heimischer Fischarten zu untersuchen und Auswirkungen des Klimawandels festzustellen.

Es geht nicht um fette Beute:  Eine ungewöhnliche Bootsfahrt zu nächtlicher Stunde unternehmen Mitarbeiter der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) derzeit an den heimischen Seen. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Gewässerökologie und Fischereiwirtschaft des Bundesamtes für Wasserwirtschaft werden Fische gezählt. Genau genommen geht es um die Bestände von Reinanken und Seesaiblingen in insgesamt elf Gewässern in Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Kärnten und der Steiermark, die nun wissenschaftlich untersucht werden. Die beiden Fischarten sind typische Bewohner der tiefen Alpen- und Voralpenseen und von großer ökologischer und fischereiwirtschaftlicher Bedeutung, wie die ÖBf mitteilen.

"Die Bundesforste betreuen mehr als 70 der größeren Seen des Landes und befischen einige davon auch selbst", erklärt ÖBf-Vorstand Rudolf Freidhager. "Im Sinne einer naturnahen Bewirtschaftung können wir auf Basis der gewonnenen Daten langfristig planen, wie viel Fisch nachhaltig entnommen werden kann oder bei Bedarf notwendige Maßnahmen zur Erhaltung der Arten setzen", betont Freidhager.

Das sei gerade in Zeiten des Klimawandels von besonderer Bedeutung. "Nicht nur in unseren Wäldern, auch in den heimischen Gewässern sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits deutlich zu spüren", berichtet Freidhager. Hitzeperioden und andere Wetterextreme nehmen Einfluss auf die Wassertemperaturen und damit auch auf das Nährstoff- und Nahrungsangebot im See. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Fischbestände. 

Die Flossenträger werden genauestens untersucht: Neben fischbiologischen Basisdaten wie Länge, Alter, Geschlecht oder Laichreife werden Größe und Verteilung der Fischbestände im See über nächtliche Schallreflexionsmessungen (Echolot) in den Gewässern erfasst. Die Untersuchungen finden über einen Zeitraum von zwei Jahren an den ÖBf-Gewässern Attersee, Traunsee, Hallstätter See (alle OÖ), am Wolfgangsee (OÖ/Sbg.) und am Wörthersee, Millstätter See und Weissensee (alle Ktn.) sowie am Grundlsee (Stmk.) statt. Ebenso untersucht werden der Mondsee (OÖ), der Obertrumer See (Sbg.) sowie der Achensee (Tirol).

Ausgerüstet mit modernster Technik befahren die Experten derzeit die nächtlichen Gewässer mit einer Geschwindigkeit von nur fünf km/h und im vorgegebenem Zick-Zack-Kurs, um eine bestmögliche Fisch-Stichprobe zu erfassen. "Zum Schutz vor Räubern sind einige Fischarten unter Tags in Schwärmen unterwegs oder halten sich am Seegrund auf. Bei einsetzender Dunkelheit lösen sich die Schwärme auf und die Fische steigen zur Nahrungssuche in höhere Wasserschichten auf", erklärt Freidhager. Auch die Befahrung der Seen in den Wintermonaten dient allein der Messgenauigkeit: "Dann ist es am und im Wasser sehr ruhig. Die Fische bewegen sich langsam und die Seeoberfläche ist meist spiegelglatt." Das Echolot der neuesten Generation wird in einer Wassertiefe von etwa 20 Zentimetern seitlich am Bootsrand befestigt und sendet Millionen von Schallwellen in die Tiefe des Sees. Der Gewässergrund sowie die Fische reflektieren das akustische Signal zurück zum Echolotgerät. Die gewonnenen Daten werden anschließend im Labor ausgewertet.

Wie alt ist der Fisch?

Die detaillierte Erhebung fischökologischer Basisdaten findet hingegen in den Sommermonaten statt. Mit Netzen unterschiedlicher Maschenweite fischen die Wissenschaftlerinnen eine kleine, möglichst repräsentative Stichprobe an Reinanken und Seesaiblingen aus jedem See. Diese werden gemessen, gewogen sowie auf Verletzungen oder Parasitenbefall untersucht.

Am spannendsten - zumindest für den Laien - ist die Altersbestimmung: Ähnlich wie bei Bäumen kann das Alter von Reinanken anhand von Jahresringen auf den Fischschuppen mikroskopisch bestimmt werden. "In der warmen Jahreszeit, wenn ausreichend Nahrung im See vorhanden ist, wachsen die Fische schneller und die Jahresringe sind breiter, wohingegen sie im Winter, in der Zeit der Entbehrung, deutlich schmäler ausfallen", so Freidhager. Weil die Schuppen der Seesaiblinge zu klein sind, ist deren Wachstumsverlauf an den Jahresringen der nur wenige Millimeter großen Gehörsteinche abzulesen.

Sämtliche aus der Untersuchung gewonnen Daten finden Eingang in die "Fischdatenbank Austria" (FDA) des Bundesamtes für Wasserwirtschaft, in der alle relevanten Befischungsdaten zu österreichischen Seen und Fließgewässern archiviert werden. Finanziell wird die Fischzählung durch den Europäischen Fischereifonds (EMFF) unterstützt.

(red)

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