Polizist sammelte Kinderpornos: Zu mildes Urteil

Polizist sammelte Kinderpornos mildes
Polizist sammelte Kinderpornos mildes(c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
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Ein Exekutivbeamter sollte entlassen werden, die oberste Behörde wandelte die Sanktion in eine Geldstrafe um. Laut VwGH sind die Untat des Mannes und sein mangelndes Schuldbewusstsein zu wenig berücksichtigt worden.

Wien/Aich. Polizisten werden von der obersten Disziplinarbehörde zu milde angefasst. Das zeigt nicht nur der Fall des gefolterten Afrikaners Bakary J., in dem, wie in der Vorwoche bekannt wurde, drei der vier dafür verantwortlichen Polizisten nun doch entlassen wurden (das Höchstgericht hatte hier bereits 2008 die zuvor milden Strafen beanstandet). Aber auch ein anderer Polizist – er betrachtete Kinderpornos – muss nun vor einer strengeren Strafe zittern, wie eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zeigt.

Der Beamte hatte zwischen 2005 und 2008 wiederholt und in großen Mengen Kinderpornos konsumiert. Viel Material speicherte er auch auf Datenträgern. Dafür wurde der Mann vom Landesgericht Wiener Neustadt zu sechs Monaten Haft (ausgesetzt für eine Probezeit von drei Jahren) verurteilt. Auch wenn der Polizist die Tat in seiner Freizeit und im eigenen Domizil verübt hatte, musste es ein disziplinäres Nachspiel geben. Denn laut Gesetz hat ein Beamter „in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt“. Die Disziplinarbehörde erster Instanz verurteilte das Verhalten des Mannes daher auch scharf. Dieser habe eine „besonders schwerwiegende Dienstrechtsverletzung“ begangen. Er sei nicht geständig, es gebe keine positive Zukunftsprognose für das Verhalten des Mannes, und überhaupt würden die Erschwernis- die Milderungsgründe klar überwiegen. Der Polizist müsse daher entlassen werden.

Der Beamte wandte sich nun aber an die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt. Und diese fand die Taten des Mannes halb so schlimm: Die Entlassung wurde aufgehoben und der Mann stattdessen zu einer Geldstrafe von fünf Monatsbezügen verurteilt. Das war nun aber dem Disziplinaranwalt, einer Art Staatsanwalt im Disziplinarverfahren, zu milde. Er bekämpfte das Urteil vor dem VwGH.

Prognose zu Unrecht positiv?

Und dieser hob das Urteil aus zwei Gründen auf: zum einen, weil die Disziplinaroberkommission keine mündliche Verhandlung abgehalten hatte. Diese wäre aber nötig gewesen, wenn man wie in diesem Fall eine neue Beweiswürdigung vornimmt und eine Entlassung in eine Geldstrafe umwandelt. Zum anderen betonte der VwGH aber auch, dass die oberste Disziplinarbehörde zu milde mit dem Mann umgegangen sei. Denn die Disziplinaroberkommission schloss aus einer bloßen Randbemerkung in der Disziplinaranzeige („bei ... wird Besserungsfähigkeit angenommen“), dass sich der Mann künftig korrekt verhalten werde.

So einfach gehe das aber nicht, mahnte der VwGH. Die Oberbehörde solle es ernst nehmen, dass die Unterinstanz eine negative Zukunftsprognose erstellt habe. Jedenfalls hätte man die Persönlichkeit des Polizisten genauer betrachten müssen, mahnten die Richter. Denn der Mann leugne schließlich trotz eines rechtskräftigen Strafurteils nach wie vor, die Tat begangen zu haben. Gerade eine vollständige Schuldeinsicht sei aber eine gewichtige Voraussetzung für die Annahme, dass sich der Mann künftig wohl verhalten werde, so der VwGH. Zudem müsse man berücksichtigen, dass der Mann lange Zeit (drei Jahre) Kinderpornos betrachtet und zudem etwa 450 Bilder heruntergeladen und weitere 318 Bilder auf einer externen Festplatte gespeichert habe. Man müsse also davon ausgehen, das er besonders häufig das Gesetz gebrochen habe.

Finanzielle Lage kein Argument

Gerügt wurde vom VwGH auch das Argument der Behörde, wonach man gegen den Mann wegen dessen „angespannter finanziellen Lage“ nur eine Strafe von höchstens fünf Monatsgehältern verhängen könne. Der Kontostand des Mannes habe nichts mit der Frage zu tun, ob eine Entlassung geboten sei, betonte der VwGH.

Die Disziplinaroberkommission muss nun im Lichte der Erwägungen des VwGH (2011/09/0150)ein neues, wohl strengeres Urteil gegen den Polizisten aussprechen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2012)

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