Image: Die guten und die bösen Migranten

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Dass manche Migrantengruppen in der Öffentlichkeit als bedrohlich wahrgenommen werden, andere aber ein positives Image haben, hat viel mit der medialen Berichterstattung und kulturellen Zuschreibungen zu tun.

Wien. Türken, Araber und Muslime, das sind die Integrationsverweigerer. Zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung, zum Teil auch in der medialen, schwingt diese Einschätzung immer mit. Umgekehrt hört man nur wenig Negatives über Asiaten, sie gelten als Vorzeigemigranten. So wie auch andere Gruppen, etwa die Polen. Sie werden als weitgehend erfolgreiche und gut integrierte Migrantengruppe wahrgenommen.Und vor allem als weitgehend unauffällige.

Offensichtlich gibt es in der öffentlichen Wahrnehmung eine Unterscheidung zwischen guten und bösen Migranten. Was zum einen mit der Zahl der betreffenden Gruppe zu tun hat – die kleine tibetische Community fällt nicht so auf wie die zahlenmäßig starken Gruppen, etwa Türken oder Ex-Jugoslawen. Und natürlich spielen auch äußerliche Erkennungszeichen eine Rolle. Die Hautfarbe, der Akzent oder das Tragen eines Kopftuches oder Turbans weist einen Menschen deutlich als Vertreter einer bestimmten Gruppe aus. Das kann wiederum fatale Folgen haben. „Je erkennbarer die Andersartigkeit, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit der Diskriminierung“, sagt Wolfgang Zimmer, Leiter der Beratungsstelle Zara.

Migranten und Kriminalität

Eine wichtige Rolle in der Wahrnehmung von Migranten spielt allerdings auch die mediale Berichterstattung. „Die Medien bestehen nach wie vor darauf, bei der Berichterstattung über Kriminalität die Herkunft oder die Religion der Täter zu betonen“, sagt Zimmer. So würden thematische Zusammenhänge und Assoziationsketten geschaffen, in denen Migranten bestimmter Herkunft geradezu zu Synonymen für Kriminalität, Drogen und allgemeine Bedrohung konstruiert werden. So weist etwa eine Vorurteilsliste des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) darauf hin, dass Afrikaner häufig mit dem Bild des Drogendealers verbunden werden. Auch wenn Statistiken ein ganz anderes Bild zeigen.

Während bei manchen Gruppen vor allem negative Eigenschaften im Kontext mitschwimmen, werden Menschen anderer Ethnien mit positiven Merkmalen pauschalisiert. Mit großer Bewunderung wurde etwa über die stoische Ruhe der Japaner nach dem Erdbeben, dem Tsunami und der Reaktorkatastrophe in Fukushima berichtet. Fast schon ehrfürchtig blickte man auf die Contenance der Japaner. Und so mancher Kommentar war zu vernehmen, dass ihnen diese Ruhe quasi „im Blut liegt“.

„Es wird nicht berücksichtigt, dass die Menschen in Japan von klein auf trainieren, wie sie mit Erdbeben umgehen, und dass sie sich deswegen anders verhalten, als wir uns verhalten würden“, sagt Zara-Geschäftsführerin Barbara Liegl. Mit dem Japanersein an sich habe das wenig zu tun. Durch die Kulturalisierung eines Verhaltens werde den Menschen so das Gefühl gegeben, dass sie ruhigen Gewissens verallgemeinern und behaupten dürfen, ein Volk sei so und ein anderes so.

Diese Kulturalisierung und Ethnisierung wird mit zunehmender Selbstverständlichkeit in öffentlichen Diskursen angewandt. Dabei avanciert ein einziges Merkmal, der ethnische Hintergrund, zum zentralen Merkmal von Menschen und soll ihre Handlungen und ihr Verhalten erklären.

Damit sind Probleme im Alltag von Migranten, deren Ethnie oder Religion immer wieder als Feindbild der Gesellschaft porträtiert wird, quasi programmiert: „Diese Gruppen erfahren mehr Übergriffe im Alltag, wodurch ihnen die Teilnahme am gemeinsamen Leben erschwert wird.“ Alaka Atreya Chudal, Mitarbeiterin am Institut für Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde der Universität Wien, hat das am eigenen Leib erlebt: „Solange ich Deutsch nicht wirklich gut sprach, war das Leben für mich extrem schwer.“ Doch obwohl sie mittlerweile gut Deutsch beherrscht, erhielt die gebürtige Nepalesin kürzlich eine Absage für eine Genossenschaftswohnung. Die Begründung: „Keine Ausländer erwünscht.“

„Das heißt aber nicht, dass es brave oder böse Migranten gibt. Diese Bilder sind konstruiert und werden von den Medien reproduziert“, sagt Barbara Liegl. „Es gibt vielleicht Gruppen, die nicht so stark wahrgenommen werden, aber eigentlich kann man für jede Ethnie eine Assoziation zu etwas Negativem finden.“ Hört man von einer Community weniger in den Medien, so wird sie kaum wahrgenommen. Kommen dagegen andere Migrantengruppen öfters in den Medien vor, so würden damit– und den meist mitschwingenden negativen Grundton – meist bestimmte Bilder befestigt.

Keine Lust an der Gesellschaft

„Die Leser können sich stärker aufregen, wenn man ihre schon bestehenden Vorurteile bestätigt“, sagt Zimmer. Derartige Einschätzungen würden noch verstärkt, wenn einer Familienfehde das Wort „türkisch“ beigestellt wird, oder wenn „Drogendealer“ ständig in Zusammenhang mit dem Adjektiv „schwarz“ versehen wird.

Was bedeuten solche Ausgrenzungen für den Integrationsprozess? „Wenn Menschen so behandelt werden, als seien sie nicht Teil dieser Gesellschaft, ist es keine Überraschung wenn sie auch so leben“, sagt Zimmer. „Jemand, der schon in der Schule Diskriminierung erfährt, keine Lehrstelle und später keinen Job findet, hat vielleicht keine allzu große Lust, Teil dieser Gesellschaft zu sein.“

Auf einen Blick

Öffentliches Bild: Bestimmte Migrantengruppen haben in der Öffentlichkeit ein schlechtes Image. Das liegt unter anderem an der Zahl der betreffenden Gruppe, aber auch an ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit – je unauffälliger, desto weniger schlecht ist das Image. Viel trägt auch die mediale Berichterstattung bei, wie bestimmte ethnische Gruppen gesehen werden.

Hilfe: Informationen und Unterstützung für Opfer von Diskriminierung bieten unter anderem diese Organisationen:

Verein Zara – Zivilcourage und Anti-Rassismus Arbeit www.zara.or.at/

Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern www.klagsverband.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2011)

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