Integration: Deutsch allein reicht nicht

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Die Stadt Wien adaptiert ihr Bildungskonzept für Migrantinnen, damit diese unabhängiger und auch fit für den Arbeitsmarkt werden. Am Ende des Frauencollege müssen die Kursteilnehmerinnen Arbeiten einreichen.

Wien/Stu. „Deutsch allein macht noch keine erfolgreiche Integrationsbiografie“, formulierte es Integrations- und Frauenstadträtin Sandra Frauenberger am Montag. Deshalb hat ihr Ressort, gemeinsam mit Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch, einen neuen Bildungsplan für Migrantinnen entwickelt.

Bisher existierten zwei Stufen, nämlich Alphabetisierungskurse sowie die Kurse „Mama lernt Deutsch“, bei denen die Alphabetisierung gefestigt wird und Grundkompetenzen in Deutsch erworben werden.

Nun wird eine dritte Stufe eingezogen – nachdem die Erfahrung gezeigt hat, dass zu einer erfolgreichen Integration nicht nur die Sprache gehört, sondern auch eine entsprechende Ausbildung. Diese dritte Stufe nennt sich „Aufbaukurs Frauencollege“ und findet in der Wiener Hauptbibliothek bzw. Bibliothek Simmering statt. Sie richtet sich an Frauen, die aufgrund fehlender Allgemeinbildung und mangelnder Basisqualifikation nicht einmal an den Weiterbildungsprogrammen des Waff (Wiener Arbeitnehmer Förderungsfonds) teilnehmen können. „Diese Waff-Programme sind aber der Schlüssel zum Einstieg in den Arbeitsmarkt“, so Frauenberger.

Mathematik, Kultur, Geschichte

In anderen Worten: Bisher lag der Fokus auf Deutschkursen. Nun erhalten Migrantinnen eine Ausbildung, mit der sie eine Chance auf dem Arbeitsmarkt besitzen sollen. Was in diesem Frauencollege unterrichtet wird? Neben einem vertiefenden Deutschkurs sind es Mathematik und Naturwissenschaften, Geschichte, politische Bildung (inklusive Werte der österreichischen Gesellschaft), der Umgang mit Computern sowie Kunst und Kultur. Am Ende müssen die Kursteilnehmerinnen Arbeiten einreichen – bei positiver Benotung erhalten sie das College-Zertifikat.

Der Arbeitsaufwand beträgt für jede der drei Stufen zwischen 300 und 430 Unterrichtseinheiten. Eine nicht deutschsprachige Frau, die im Rahmen des Familienzuzugs nach Wien kommt, soll nach rund 1200 Unterrichtseinheiten fit für den Arbeitsmarkt sein und grundsätzlich Deutsch beherrschen. Alle drei Stufen, von der Alphabetisierung bis zum Frauencollege, basieren auf Freiwilligkeit. Dabei betont Frauenberger: „Die Kurse werden sehr gut angenommen. ,Mama lernt Deutsch‘ wird von 6000 Frauen besucht.“ Nachsatz: „Denn es sind niederschwellige Angebote.“ Wobei der neue Bildungsplan auch die Prüfungsvorbereitungen zur Erreichung jenes Sprachniveaus enthält, das für die Niederlassung bzw. Einbürgerungen notwendig ist.

Insgesamt stehen für Migrantinnen in den drei Stufen heuer 160 Kurse mit 1600 Plätzen zur Verfügung. Sie finden in Kindergärten, Schulen, Volkshochschulen und Frauenvereinen statt. Wobei die neuen College-Kurse ab Herbst erweitert werden. Neben der Hauptbibliothek und der Bücherei Simmering werden diese Fortbildungskurse in sechs weiteren Büchereien angeboten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2012)

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