Sinkender Strompreis, höhere Rechnung

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Strom wird in Europa heuer erneut billiger werden. Haushalte haben davon wenig. Der Ökostromausbau und die Bevorzugung der Industrie treibt ihre Kosten an.

Wien. Auch wenn man es kaum glauben möchte, Strom ist in Europa derzeit so billig zu haben wie schon lange nicht. Zumindest an den Börsen. In Europas größtem Strommarkt Deutschland, der auch für Österreich ausschlaggebend ist, sind die Großhandelspreise im Vorjahr um 17 Prozent gefallen. Mit 44 Euro kostete eine Megawattstunde Elektrizität, die in einem Jahr geliefert werden soll, so wenig wie zuletzt 2009. Und auch heuer wird der Strompreis um weitere 9,2 Prozent fallen, erwarten die Analysten von Credit Suisse.

Wie kann es also sein, dass in Deutschland Politiker aller Couleurs panisch davor warnen, dass Energie zum Luxusgut wird, dass Europas Energiekommissar Günther Oettinger gar eine Koppelung der Arbeitslosenhilfe an den Energiepreis fordert? Die Antwort ist simpel: Die Stromkunden bekommen die niedrigen Großhandelspreise nie zu Gesicht. In Deutschland werden die Kunden auch heuer wieder deutlich mehr für Strom aus der Steckdose zahlen, warnt die Netzagentur. Grund dafür sind die Kosten der sogenannten Energiewende.

Ökostromzuschlag steigt deutlich

So kann sich die deutsche Solarbranche zwar damit brüsten, 2012 um 45 Prozent mehr Strom erzeugt zu haben als noch vor einem Jahr. Das sind immerhin fünf Prozent des deutschen Strombedarfs. Es ist allerdings ein teuer erkaufter Triumph. Denn wegen des Booms der Solarenergie müssen die Verbraucher seit Jahresbeginn deutlich mehr für die Förderung des Ökostroms dazugeben. Da die energieintensive Industrie von dem Aufschlag befreit ist, bleibt der Großteil der Kosten bei den Haushalten hängen. Sie bezahlen künftig 5,3 statt 3,6 Cent je Kilowattstunde extra für Ökostrom. Und da die Energiewende Leitungen braucht, die finanziert werden wollen, steigt auch das Netzentgelt.

In Österreich ist das Thema ähnlich gelagert. Auch hierzulande macht der reine Energiepreis nur ein Drittel der Stromrechnung aus. Der Rest sind Steuern, Netz- und Ökostromabgaben. Die Förderung der Solarindustrie ist zwar gedeckelt – und daher kein solcher Kostentreiber wie in Deutschland. Dennoch steigen die Ökostromkosten heuer um fast die Hälfte. Ein Haushalt mit 4300 Kilowattstunden Jahresverbrauch bezahlt statt wie bisher 44 rund 63 Euro.

Als Ausrede für hohe Endkundenpreise dürfe das aber nicht dienen, mahnt die E-Control. Die Preise an den Börsen seien seit zwei Jahren auf niedrigstem Niveau. Die Senkungen seien in Österreich nur teilweise angekommen. Die Industrie habe niedrigere Preise bekommen, Haushalte und Kleinbetriebe nicht. Im Gegenzug würden auch höhere Börsenpreise nur abgeschwächt an Private weitergegeben, rechtfertigt sich die Branche. Den Satz sollten sich zahlende Kunden gut merken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2013)

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