Designerglas statt Plastikflaschen: "Leitungswasser soll sexy werden"

Designerglas statt Plastikflaschen Leitungswasser
Designerglas statt Plastikflaschen Leitungswasser(c) Soulbottles
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Paul Kupfer will mit seinen "Soulbottles" Plastik vermeiden und Leitungswasser cool machen. Aktuell läuft eine Crowdfunding-Kampagne.

Manchmal gehen die Dinge seltsame Wege – zum Beispiel nach London. Dort beginnt die Entstehungsgeschichte der „Soulbottles“. 2011 machte Paul Kupfer, in Berlin geborener Publizistikstudent aus Wien, ein Praktikum in einem kleinen Londoner Medienunternehmen. Kurz nach Beginn begannen die London Riots, das Subway-Lokal unter der Wohnung der Chefin wurde angezündet, das Gebäude fing auch darüber Feuer, das Equipment war weg. Und damit auch das Praktikum.

Kupfer hatte also viel Zeit, ein Freund aus Wien kam ihn besuchen. Kennengelernt hatten sich Paul Kupfer und Georg Tarne, auch er ein gebürtiger Deutscher, beim Kellnern in der Hofburg. „Wir sind beide Nichtraucher“, erklärt Kupfer; auch das Nichtrausgehen verbinde. In London kam man auf das Thema Plastik, beide hatten „Plastic Planet“ gesehen „und wollten weg vom Plastikmüll“, erzählt Kupfer. „Plastik ist doof“, finden die zwei, „für Auge, Umwelt und Gesundheit“; und am auffälligsten sei dessen Gebrauch beim Wasser, das so viele in Plastikflaschen nach Hause tragen, obwohl es – hierzulande – in bester Qualität aus der Leitung kommt.

Und weil sie den Geschmack aus metallischen, oft beschichteten Alternativen nicht mochten, begannen die beiden, Leitungswasser aus Glasflaschen zu trinken. „Anfangs aus alten Wodka- und Whisky-Flaschen“, erzählt Paul Kupfer an seinem Arbeitsplatz, dem Coworking Space Hub Vienna. „Allerdings wird man da morgens in der U-Bahn doch seltsam angeschaut. Außerdem fangen die Schraubverschlüsse an zu schimmeln.“


Die Lösung ihres Problems ist gut hundert Jahre alt: die Glasflasche mit Bügelverschluss. An der Angewandten ließ sich das Duo erklären, wie man Glas bedruckt. Weil man nachhaltiges Verhalten mit Lebensqualität verbinden müsse, sagt Kupfer; was für ihn heißt: Die Flaschen müssen cool aussehen, „Leitungswasser muss sexy werden“ – die „Soulbottle“ war geboren. Die ersten 50 Stück waren in zwei Wochen ausverkauft.

Inzwischen beschäftigt sich der 24-Jährige, der in einer lebhaften Neuner-WG wohnt, in einer Band spielt und sich in Wien inzwischen ziemlich verwurzelt fühlt, hauptsächlich mit seinem Projekt. „Ich habe gemerkt, dass ich statt des Magisters lieber etwas Praktisches mach'. Es bringt mir Genugtuung, wenn ich etwas schaffen kann.“ Jetzt, ein gutes Jahr seit dem Start, haben die Jungunternehmer freilich ein Problem: Ihre Rohflaschen sind europaweit ausverkauft. Auf Verpackungsmessen wurden sie von Herstellern ausgelacht.

Viel Recherche und eine „Achterbahnfahrt“ später hat der 24-Jährige nun eine kleine italienische Glashütte gefunden, die bereit ist, die geradezu winzige Menge von 12.000 Flaschen eigens zu produzieren. Etwas kleiner als das erste Modell (0,6 Liter), dafür handlicher und leichter zu reinigen. Was fehlt, sind die nötigen 20.000 Euro. Seit gut einer Woche und noch bis Mitte April läuft eine Crowdfunding-Kampagne: Mit 25 Euro hilft man mit und bekommt eine Flasche. Interessierte Abnehmer, sagt Kupfer, gäbe es längst; nicht zuletzt Firmen. Aber auch Hotels und Restaurants. Dort kommt der ehrenamtliche Teil der „Soulbottles“ zum Einsatz: Unter dem Titel „Soulwater“ wird Leitungswasser in den bunten Flaschen verkauft; 100 Prozent des Umsatzes gehen an Trinkwasserprojekte für jene Millionen Menschen, bei denen kein sauberes Wasser aus der Leitung kommt.

Bleiben die Argumente „schwer“ (400 Gramm) und „zerbrechlich“. Man müsse seinem Körper Plastik oder eben Gewicht zumuten, meint Kupfer lakonisch. „Das Glas ist stabil – und auf sein iPhone passt man ja auch auf.“

Auf einen Blick

Paul Kupfer (24) lebt in Wien und betreibt mit seinem Freund Georg Tarne in Wien und Berlin das Start-up „Soulbottles“: Glasflaschen mit dem Design junger Künstler. Aktuell wird von den beiden Jungunternehmern
für die Produktion neuer Flaschen Crowdfunding betrieben: http://www.startnext.de/soulbottles-and-soulwater

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2013)

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