Wasser: Erneuerbar, aber nicht unerschöpflich

Wasser Erneuerbar aber nicht
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Der Mensch klinkt sich immer stärker in den natürlichen Wasserkreislauf ein. Vor allem durch die zunehmende Nahrungsmittelproduktion nähert man sich unüberwindbaren Grenzen.

Wien. Woher das Wasser auf der Erde kommt, weiß man nicht so genau: Ein Teil dürfte ein Relikt der Entstehung des Sonnensystems und der Erde sein, ein weiterer Teil kam durch Asteroiden etc. auf die Erde, und auch Mikroorganismen bilden Wasser (aus Schwefelwasserstoff). Zwischendurch, so haben Wissenschaftler herausgefunden, ist die Erde sogar einmal ausgetrocknet – dennoch sorgten astronomische, geologische und biochemische Prozesse dafür, dass es laut Schätzungen 1,34Mrd. Kubikkilometer Wasser auf der Erde gibt. Rund 97Prozent davon sind Salzwasser, das mehr als zwei Drittel der Erdoberfläche bedeckt.

Großverbraucher Landwirtschaft

Der globale Wasserkreislauf – Verdunstung, Niederschlag, Abfluss – ist geschlossen, die Ressource Wasser ist also erneuerbar, die Erde als Ganzes kann daher per definitionem nicht unter Wassermangel leiden. Dennoch wachsen die Probleme mit der Wasserversorgung: Der Mensch nutzt die stetigen Ströme in immer größerem Ausmaß, in vielen Weltgegenden schon stärker, als den Ökosystemen zuträglich ist – mit sinkenden Grundwasserspiegeln, zunehmender Verschmutzung usw.

Dass Wasser knapp ist, hat zwei Gründe: Zum einen kann der Mensch nur einen minimalen Anteil des gesamten Wasseraufkommens, nämlich weniger als 0,01 Prozent, nutzen. Jährlich fallen rund 110.000 Kubikkilometer als Niederschläge vom Himmel, davon sind dem Menschen 29.700 Kubikkilometer zugänglich. Dieses Wasser ist – zum anderen – zeitlich und räumlich äußerst ungleich verteilt (siehe Grafik). Rund 1,2 Mrd. Menschen – fast ein Fünftel der Menschheit – leben in Regionen mit physischem Wassermangel. Weitere 1,6 Mrd. Menschen hätten zwar ein ausreichendes natürliches Wasserangebot, dieses kann aus wirtschaftlichen Gründen aber nicht genutzt werden.

Die Folgen sind bekannt: So haben 780 Millionen Menschen weltweit kein sauberes Trinkwasser – mit tödlichen Folgen v.a. für Kinder: Jeden Tag sterben laut Unicef zumindest 2000 Kinder unter fünf Jahren an Durchfallerkrankungen – die zweithäufigste Todesursache. Auch ökonomisch hat Wassermangel dramatische Folgen: Er verhindert in vielen Bereichen jegliche Entwicklung.

Rund 70Prozent des weltweiten Verbrauchs gehen auf Kosten der Landwirtschaft (zur Bewässerung), 19Prozent fließen in die Industrie und elf Prozent werden über Wasserleitungen verteilt.

Wasser Erneuerbar aber nicht
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Wasser in Produkten versteckt

Der weltweite Wasserverbrauch hat sich in den vergangenen 50 Jahren glatt verdreifacht. Die Haupttreiber dieser Entwicklung sind das Bevölkerungswachstum und der wachsende Wohlstand. „Der größte Einflussfaktor war in den letzten 30 Jahren die Veränderung der Ernährung“, heißt es im aktuellen UN-Weltwasserbericht. Gemeint ist damit, dass immer mehr Menschen immer mehr Fleisch essen. Zur Produktion von einem Kilo Weizen sind „nur“ 1100 Liter Wasser erforderlich, für ein Kilo Reis 3000 bis 5000 Liter. Für ein Kilo Rindfleisch sind es hingegen 15.000 Liter.

Die UNO erwartet, dass zur Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung bis Mitte des 21.Jahrhunderts um 70Prozent mehr Lebensmittel benötigt werden. Dazu werde zumindest 20Prozent mehr Wasser erforderlich sein – oder auch viel mehr, wenn nicht durchgehend wassersparende Technologien eingesetzt werden: Tröpfchenbewässerung zum Beispiel ist um mehr als ein Drittel sparsamer als Beregnung. Auch wirtschaftliche Faktoren und das Wassermanagement spielen dabei eine große Rolle: Derzeit zahlen Landwirte für das Wasser nichts oder nur sehr wenig; in Ländern, wo Wasser einen angemessenen Wert (und Preis) hat, geht man viel sparsamer mit dem kostbaren Nass um.

Man sieht vielen Produkten nicht an, wie viel Wasser sie in Wirklichkeit enthalten bzw. zu ihrer Herstellung benötigt wird. Niederländische Forscher haben sich das kürzlich am Beispiel einer 0,5-Liter-Cola-PET-Flasche genau angeschaut: Sie sind auf einen Wasserverbrauch von 23Litern pro Flasche gekommen. Zusätzlich sind zwölf Liter Wasser pro Flasche notwendig, um die bei der Produktion anfallenden Schadstoffe auf eine ungefährliche Konzentration zu verdünnen. Andere Beispiele: In einer Tasse Kaffee stecken 140 Liter „virtuelles“ Wasser, in einem Baumwoll-T-Shirt 2000 Liter, in einer Rose fünf Liter.

In dieser eingebetteten Form werden auch große Wassermengen rund um den Globus transportiert. Das UN-Umweltprogramm Unep hat kürzlich berechnet, dass 40 Prozent des globalen Wasserverbrauchs in Form von Produkten gehandelt werden. Was auch sein Gutes hat: Viele wasserarme Regionen könnten ihren Nahrungs- und Konsumgüterbedarf niemals selbst decken – sie importieren mit den Produkten quasi auch das dafür nötige Wasser mit.

Lexikon

Jeder Österreicher verbraucht im Schnitt 135 Liter Wasser pro Tag – für WC-Spülung, Wäsche, Duschen, Kochen, Trinken etc. Das ist aber nur ein kleiner Teil: Inklusive des Wassers, das zur Produktion von Nahrung und Gütern benötigt wird, sind es an die 5000 Liter pro Tag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2013)

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