Cancun: Kleine Schritte gegen die Erderwärmung

Kleine Schritte gegen Erderwaermung
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Der UN-Weltklimagipfel schrammte knapp am Scheitern vorbei. Nach zweiwöchigen Verhandlungen erzielten Vertreter von 192 Staaten bei der Rettung des Weltklimas vor der Erderwärmung Teilerfolge.

Als am Samstagmorgen um 6.15 Uhr am Horizont die Sonne aus dem Golf von Mexiko emporsteigt und die Hotelanlagen der Gipfelteilnehmer in Cancún mit warmem Licht überschüttet, ist es am Strand still. Soldaten in schwarzen Uniformen und mit Sturmgewehren schlendern vorbei, da und dort hocken Menschen in Anzügen und Kostümen auf Liegen, schauen versonnen in den Sonnenaufgang und stecken ihre nackten Füße in den weißen Sand. Die Anspannung ist aus Cancún gewichen. Zumindest eines hat man geschafft: Der Klimagipfel von Cancún ist nicht gescheitert. Es gibt ein Abkommen – oder so etwas Ähnliches.

Nach zweiwöchigen Verhandlungen und einer nächtlichen Sitzung, die bis etwa vier Uhr früh dauerte, erzielten Vertreter von 192 Staaten bei der Rettung des Weltklimas vor der Erderwärmung Teilerfolge. Der konkreteste ist die Einrichtung eines „Green Climate Fund“, mit dem armen Ländern geholfen wird, sich gegen die Folgen des Klimawandels zu wappnen. Er wird von einem Gremium verwaltet, dem Vertreter der Industrie- und Entwicklungsstaaten angehören und ist vorerst bei der Weltbank angesiedelt. Ab 2020 soll er jährlich mit 100 Milliarden Dollar gefüllt werden.

Erfolg gibt es auch beim Schutz der Wälder, die das Treibhausgas Kohlendioxyd aufsaugen: Die Entwicklungsländer sollen die CO2-Emissionen durch Entwaldung verringern, bestenfalls sollen sie durch Netto-Neuaufforstungen rückgängig gemacht werden. Die Industriestaaten werden die Waldschutzmaßnahmen unterstützen. Aus den Aufforstungen sollen sich aber keine Rechte für Staaten ergeben, ihre Treibhausgasemissionen nicht zu senken.

Das alles erinnert an die unverbindlichen Beschlüsse des 2009 gescheiterten Klimagipfels in Kopenhagen. Auch der Rest des Abschlussdokuments, das kein Vertrag ist, stellt großteils ein Echo von Kopenhagen dar. Man bekennt sich erneut zum Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius (im Vergleich zu 1850) zu begrenzen.

»Genozid« Klimawandel? Was die Fortsetzung des Kyoto-Protokolls betrifft – also in welchem Umfang welche Staaten Emissionen senken –, gab es keine Lösung. Kyoto verpflichtet nur etwa 40 Industrieländer (nicht aber die USA), die Emissionen von 2008 bis 2012 um im Schnitt 5,2 Prozent zu senken.

Das Protokoll endet 2012. In Cancún wurde bekräftigt, dass die Industriestaaten insgesamt bis 2020 ihre Emissionen um 25 bis 40 Prozent unter den Stand von 1990 senken; man deutet eine Fortsetzung der Kyoto-Pflichten an, doch wird darüber frühestens 2011 in Durban (Südafrika) entschieden.

Zudem gilt als Ziel für alle Länder, die Emissionen bis 2050 „substanziell“ zu senken; 2013 bis 2015 sollen die dann aktuellen Ziele revidiert werden. Auch werden die nach Kopenhagen von gut 140 Staaten unverbindlich getätigten Klimaschutzzusagen in einer Liste erfasst und sollen nun quasi als Arbeitsgrundlage dienen.

Während der nächtlichen Verhandlungen hatte es sich Bolivien mit allen verscherzt: Präsident Evo Morales forderte ein weit strengeres Abkommen und nannte den Klimawandel, an dem die Industriestaaten schuld seien, „Genozid“. Dann nahm Boliviens Delegierter Pablo Solon den Entwurf der Abschlusserklärung erneut unter verbales Dauerfeuer und beschwerte sich, er sei schlecht behandelt worden. Man sah, dass die anderen Delegierten – diplomatisch formuliert – enerviert waren.

Schließlich verkündete die Gipfelpräsidentin, Mexikos Außenministerin Patricia Espinosa, dass man die Einwände notiere, das Schlussdokument aber nicht versenken würde. Und dann schlug sie, etwas bleich, mit dem Hammer auf den Tisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2010)

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