Für Millionen Chinesen wird das Wasser knapp

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Bei der am Montag beginnenden Klimakonferenz im südafrikanischen Durban verspricht China, inzwischen der größte CO2-Sünder der Welt, eine konstruktive Rolle zu spielen.

Peking. Auf rund 4500 Metern Höhe endet die Fahrt vor einem Metalltor mit Wachhäuschen. „Papiere“, fragt der in einen Fellmantel dick eingehüllte Pförtner. Wer weiterfahren will, braucht eine Spezialgenehmigung. Auch für tibetische Hirten mit ihren Yaks und Ziegen ist hier Schluss. Die Regierung hat die Region in der chinesischen Provinz Qinghai zum Naturschutzgebiet erklärt, denn das Risiko ist groß, dass die Landschaft zur Wüste verkommt, weil zu viele Tiere Gras aus dem Boden rupfen.

Auf dem Tibet-Qinghai-Plateau entspringt nicht nur der als chinesischer „Mutterstrom“ besungene Gelbe Fluss. Nicht weit entfernt sprudeln auch die Quellen des Yangtse und des Lancang, der weiter unten Mekong heißt. Mit einem gewaltigen Aufforstungsprogramm will die Regierung die Hänge und Täler begrünen und somit die „Drei-Strom-Region“ schützen.

In Zeiten des Klimawandels wächst die Angst vor einer Umweltkatastrophe: Wenn die Gletscher des Himalaja und anderer chinesischer Bergregionen schmelzen und die Zuflüsse zu den großen Strömen Chinas versiegen, wird das Wasser für Abermillionen von Menschen in China knapp.

Die Chinesen stellen ein Fünftel der Weltbevölkerung, verfügen aber nur über acht Prozent des Wassers. Lange Trockenperioden und rasch wachsender Verbrauch verschärfen die Lage. Wüsten breiten sich aus. In den vergangenen zehn Jahren ist die Menge des in China nutzbaren Wassers um 13 Prozent gesunken.

Gefahr für die chinesische Küste

In einem „Weißpapier“, das die Regierung in dieser Woche veröffentlichte, zählt sich China zu den „von den widrigen Folgen des Klimawandels am stärksten betroffenen Ländern“. Dazu rechnet die Regierung neben der Wasserknappheit und der Gefahr schwerer Unwetter unter anderem auch den Anstieg des Meeresspiegels. Teile der chinesischen Küste drohen im Wasser zu versinken.

„Dem Klimawandel zu begegnen ist ein langfristiges Projekt, während die Finanzsorgen der Welt vorübergehen“, erklärte jetzt der stellvertretende Direktor der Entwicklungs- und Reformkommission, Xie Zhenhua. Er ist Chef der chinesischen Delegation bei den Klimaverhandlungen im südafrikanischen Durban, die am Montag beginnen.

Bei dem knapp zweiwöchigen Treffen wird sich entscheiden, ob sich die Teilnehmer-Staaten auf gemeinsame Schritte im Kampf gegen die Folgen der globalen Erwärmung einigen können – trotz leerer Kassen und Finanzturbulenzen in Europa und den USA. Peking hat angekündigt, eine „konstruktive Rolle“ bei der Klimakonferenz zu spielen. Es will vor allem erreichen, dass das sogenannte Kyoto-Protokoll verlängert wird, das im kommenden Jahr ausläuft. Darin haben sich 35 Industriestaaten und die EU verpflichtet, den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen bis 2012 um 5,2 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu verringern.

Für Entwicklungsländer gelten allerdings keine Obergrenzen – auch nicht für China, das die USA mittlerweile als größter Klimasünder überholt hat. Seine Kraftwerke stießen im vorigen Jahr schätzungsweise 8,3 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre (USA: 6,14 Milliarden Tonnen).

330 Milliarden für „saubere“ Energie

Peking weigert sich allerdings, eine verbindliche Höchstgrenze für den Ausstoß an CO2zu akzeptieren. Mit mehr als 100 Millionen Menschen, die nach UNO-Kriterien noch in Armut leben, müsse sich das Land zunächst auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung konzentrieren, heißt es im Weißbuch.

Die chinesische Regierung versucht dennoch, sich als aktiver Partner im Kampf gegen die Klimaerwärmung zu präsentieren, spricht von einer „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung“ der Industrie- und Entwicklungsländer. Dahinter steckt das Prinzip, sich keine Treibhausgas-Obergrenzen durch internationale Vereinbarungen aufzwingen zu lassen. Stattdessen beharrt China darauf, sich eigene Ziele zu setzen.

Bis Ende des Jahrzehnts will Peking umgerechnet 330 Milliarden Euro in „saubere“ Energie investieren, dazu rechnen die Chinesen auch die Atomkraft. Außerdem sollen rund 6,7 Milliarden Euro in Erforschung und Entwicklung neuer Energien fließen.

Auf einen Blick

Mit 8,3 Mrd. Tonnen CO2-Ausstoß war China 2010 der größte Klimasünder, gefolgt von den USA (6,14 Mrd. Tonnen). China gehört aber auch zu den Ländern, die von der globalen Erwärmung am meisten betroffen sind: Die Gletscher auf dem Himalaya schmelzen, die Zuflüsse zu den größten Strömen beginnen zu versiegen, die Wüsten breiten sich aus. In den vergangenen zehn Jahren sank die Menge des nutzbaren Wassers in der Volksrepublik China um 13 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2011)

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