Wehrpflicht-Debatte. Verteidigungsminister Norbert Darabos (SP) weist Kritik zurück, seine Pläne würden den Katastrophenschutz untergraben.
Wien. Könnte ein Berufsheer ohne die Masse an Grundwehrdienern einen Katastropheneinsatz wie jenen in der Steiermark stemmen? Oder gar eine gewaltige Hilfsleistung wie jene bei der „Jahrhundertflut“ 2002, die genau heute vor zehn Jahren in Nieder- und Oberösterreich ihren Höhepunkt erreicht hat? Immerhin waren damals zu Spitzenzeiten 11.277 Mann gleichzeitig im Einsatz, drei Viertel davon Wehrdiener.
Eine Frage, die die Politik wohl noch länger beschäftigen wird: Erst vor Kurzem haben Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich und Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (beide VP) aus Anlass dieser Katastrophen massive Zweifel an den Plänen von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SP) geäußert, von der allgemeinen Wehrpflicht abzurücken – im Notfall müsse alles „auf Knopfdruck funktionieren“, kritisierte etwa Pröll. Auch Darabos' Spitzenoffizier, Generalstabschef Edmund Entacher, warnte, dass eine solche Umstellung auf Kosten des Katastrophenschutzes gehen könnte.
12.500 Mann für Katastrophen
Eine Darstellung, der man im Ministerium vehement widerspricht: „Wie im Verteidigungsausschuss vereinbart, werden im Bundesheer auch in Zukunft 12.500 Mann für den Katastrophenschutz zur Verfügung stehen“, erklärt Darabos' Sprecher Stefan Hirsch. Nicht nur, dass es auch im neuen Heer nach SP-Vorstellung drei Pionierbataillone geben würde – in einem Berufsheer würden die jetzt in diesen Bataillonen eingesetzten Grundwehrdiener durch „gut ausgebildete Profis“ ersetzt.
Die Bedenken, im Notfall würde die Mannstärke eines Berufsheeres nicht ausreichen, kann man in Darabos Büro nicht nachvollziehen: Im Modell des Ministers stünden jederzeit 9300 freiwillige – bezahlte – Milizionäre zur Verfügung, um im Notfall „niedere Funktionen“ wie das Füllen von Sandsäcken oder das Errichten von Dämmen zu übernehmen. „Die 11.000 Mann, die 2002 im Einsatz waren, könnten wir auch in einem neuen Wehrsystem aufbieten“, so der Sprecher.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2012)