Eingemeindung von Umland: Bürgermeister proben Aufstand

Eingemeindung Umland Buergermeister proben
Eingemeindung Umland Buergermeister proben(c) Hans Klaus Techt
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Die steirische Landesregierung will acht Gemeinden der Hauptstadt Graz einverleiben. Die betroffenen Ortschefs wehren sich - und befürchten "Vorort-Steppen".

Graz. Graz hat aktuell 265.318 Einwohner. Geht es nach Landeshauptmann Franz Voves und seinem „Reformpartner“ und Stellvertreter Hermann Schützenhöfer, soll die steirische Landeshauptstadt spätestens 2018 zumindest 296.166 Bewohner zählen. Graz plus Stattegg im Norden, Hart bei Graz, Raaba sowie Grambach im Osten, weiters Gössendorf, Feldkirchen, Seiersberg und Pirka: Die „Kleine Zeitung“ hat das Konstrukt inzwischen „Neu-Graz“ getauft. Der Titel „Groß-Graz“ ist historisch negativ belegt. 1938, nach dem Anschluss an Nazi-Deutschland, wurden zwangsweise schon einmal einige Gemeinden Graz zugeführt.

Zwang – ein Wort, das den betroffenen Bürgermeistern im Umland von Graz derzeit leicht über die Lippen geht. Unter der Führung des Seiersberger Gemeindechefs Werner Baumann leistet eine „Bürgermeisterinitiative“ heftigen Widerstand. Begonnen hat es mit der Bürgerbefragung zur Umweltzone und den Reininghausgründen, welche der Grazer Stadtchef Siegfried Nagl vor wenigen Wochen durchführen ließ. Die geplante Umweltzone hätte massive Auswirkungen auf die Umlandgemeinden und ihre Pendler gehabt. Abstimmen über die Feinstaubmaßnahme durften sie allerdings nicht, und machten aus diesem Grund gegen die Befragung mobil. Dass die Grazer gegen die Umweltzone gestimmt haben, heftet sich die Bürgermeisterinitiative zu einem Gutteil auf ihre Fahnen.

Graz schielt auf Kommunalsteuer

Nun möchten die im Kampf vereinten Bürgermeister in Sachen Gemeindereform einen möglichen „Zwang abwehren und so die Bürgerinnen und Bürger vor einer drohenden Schlechterstellung bewahren“, heißt es in gemeinsamen einer Presseaussendung. „Im Widerstand gegen Zwangsfusionen werden wir noch entschlossener auftreten“, lässt ebendort Seiersbergs Bürgermeister Werner Baumann (SPÖ) ausrichten. „Wir werden nicht zulassen, dass unsere blühenden Gemeinden zu Vorort-Steppen verkommen“, sagt Raabas Bürgermeister Sepp Gangl (SPÖ). Ein Gespräch wollte der Vorsitzende der Bürgermeisterinitiative mit der „Presse“ nicht führen. Nach der letzten Presseaussendung wolle man „Emotionen rausnehmen“, sagte Bernd Höflechner, im Gemeindeamt Seiersberg ist er für Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation und EDV zuständig. Man wolle vorerst einmal das Treffen mit Landeshauptmann Franz Voves am 17. September in der Grazer Burg abwarten, zuvor nicht „unnötig Öl ins Feuer gießen“. Wenige Tage zuvor wurde diese Fusionsverhandlung in besagter Presseaussendung noch als „High-Noon-Gespräch“ tituliert.

Wie so oft geht es um Macht und Geld. Wer will schon – im Fall der Bürgermeister – seinen eigenen Job wegrationalisiert sehen. Sind die Umlandgemeinden in Zukunft nicht mehr selbstständig, werden die Posten der Ortschefs obsolet. Zusätzlich geht es um Geld. Ebenfalls, wie so oft. Raaba gehört dank der angesiedelten Firmen und Unternehmen zu den reichsten Gemeinden Österreichs. Ebenso Seiersberg, der Gemeinde werden seit Eröffnung der Shoppingcity Unsummen an Kommunalsteuer in die Gemeindekassen gespült.

Von diesem Geld möchte die Stadt Graz etwas abhaben. Das Argument: Der „Speckgürtel“ profitiert von der Nähe zur Landeshauptstadt. Doch bis zu dem Termin am 17. September halten sich auch die handelnden Personen an der Spitze von Land und Landeshauptstadt zurück. Die Gemeindestrukturreform ist Teil des Reformplans für die Steiermark von Voves und Schützenhöfer.

Gespräche werden mit zahlreichen Gemeinden geführt, Bruck an der Mur und Kapfenberg wollen sich zudem freiwillig zusammenschließen. Enden die Gespräche ohne Ergebnis, sind auch Zwangsfusionen möglich. Das bestätigte Hermann Schützenhöfer in der Landtagssitzung am 3. Juli: „Wir werden mit allen Mitteln zu überzeugen versuchen, es soll keinen Zwang geben, aber es wäre unredlich zu sagen, es wird ihn nicht geben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2012)

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