Am Hof: Baustelle Prunketage

Baustelle Prunketage
Baustelle Prunketage(Signa)
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Das Herzstück der früheren Länderbankzentrale wird originalgetreu rekonstruiert. Ein exklusiver Baustellenbesuch an einem exklusiven Ort.

Die Zutrittskontrolle ist passiert, der Bauhelm sitzt, es öffnet sich ein Revier, in das schon lange kein Medienvertreter einen Fuß setzen durfte. Baugerüste und eine Visualisierung verhüllen das frühere Länderbankgebäude Am Hof, die Lee-Seite des „Goldenen Quartiers“.

Der Vorraum ist breiter geworden: „Wir haben eine Mauer entfernt und damit Platz für die Hotelrezeption gewonnen“, erklärt Projektleiter Ludger Wälken. Die Marmorplatten, die diese Wand verkleidet haben, würden eben ein paar Meter weiter wieder angebracht. Eine „nutzungsbedingte bauliche Veränderung“, die das Denkmalamt in dem 1913 bis 1915 errichteten Haus erlaubte. Ginge man hier weiter, über die breite Treppe, würde man im früheren Kassensaal landen, der nun zum Hotel-Restaurant mutiert. Noch interessanter ist die Prunketage, der eigentliche Schauplatz des Rekonstruktionsprojekts.

„Eine originalgetreue Rekonstruktion gehört zum Allerschwierigsten“, sagt Landeskonservator Friedrich Dahm vom Bundesdenkmalamt, weil zum Aufwendigsten, logistisch wie finanziell: „Allein acht verschiedene Holzsorten wurden in die Lamperien verarbeitet.“ Ostindischen Palisander, Laubenesche oder Eiche in entsprechender Qualität müsse man erst einmal auftreiben. Und dann die Gewerke finden, die es millimetergenau verarbeiten können.

Knappes Timing

Bemerkenswert ist das Vorhaben auch hinsichtlich seines Umfangs: Es gilt, parallel zum Umbau eines klassischen Bankgebäudes zum stilvollen Hotel, mehrere tausend Quadratmeter späthistoristischer Substanz mit Art-déco-Zitaten wiederherzustellen. Und das Timing ist knapp: Ende Oktober 2013, kurz vor der Eröffnung des „Park Hyatt“ Anfang 2014, soll der letzte Handwerker draußen sein, der jetzt noch nicht einmal beauftragt ist, weil die Ausschreibungen zur Vergabe der Rekonstruktion gerade noch laufen. Die Aufgabe hat sich Eigentümer René Benko letztlich selbst auferlegt, nachdem ein Großbrand am 18. November des Vorjahres das Herzstück des Gebäudes zerstört hatte: Teile der Prunketage, edle Wandvertäfelungen und Kassettendecken des Festsaales und seines Foyers.

Wälken deutet auf einen Kamin aus gelbem toskanischem Marmor, der wie der habsburgischen Bauboomphase entsprungen wirkt. Er ist Teil der „Referenzwand“, die für das Bundesdenkmalamt notwendig war, um festzustellen, dass man hier in der Lage ist, 2500 Quadratmeter Wandfläche, dazu komplizierte Decken, eine Glaskuppel und Böden wie im Original wiederherzustellen. Nicht nur fürs Auge, sondern in der Substanz, sagt Wälken. Um diesen Kamin im Foyer zum Festsaal wiederzuerrichten, scheute man laut dem Projektleiter keinen Aufwand: „Der Steinmetz reiste zum Steinbruch bei Siena, um Reste des Giallo-Marmors zu sichern. Für den Kamin ging es sich noch aus“, bestätigt auch der Landeskonservator. Zwei bronzene Löwenköpfe zieren den Kamin.

Die Rekonstruktion ist das Werk einer Wiener Restauratorin – wie vieles auf der Baustelle in Handarbeit entstehen wird. Feinheiten, die die Lebendigkeit und natürliche Patina an Wänden, Säulen und Dekor ausmachen, schafft keine 3-D-Fräse. Die Kunsttischler, Steinmetze, Stukkateure oder Bronzegießer müssen für die Details selbst Hand anlegen. Damit sich etwa eine Vertäfelung nicht verzieht, braucht sie eine Trägerwand aus schichtverleimten Holz.

Die Crux: „Die muss der Tischler selbst fertigen, mit Knochenleim und Kasein wie früher, es gibt keine industriellen“, erklärt Restaurator Peter Kopp.

Eine originale Rekonstruktion werde laut Dahm nur so gut, wie die Dokumentation des Bestandes lückenlos ist. Die Investoren konnten hier auf eine umfassende Dokumentation des Denkmalamtes zurückgreifen, die 2008 angelegt wurde. „Bildquellen, fotogrammetrische Aufnahmen und Laserscans“ ermöglichten laut Dahm tiefe Einblicke in Mauern und Verbauten. Die Pläne dazu sind auf hunderstel Millimeter genau.

Auf einen Blick

„Länderbank-Zentrale“ am Hof: Architekten: Ernst von Gotthilf & Alexander Neumann, 1913-1915 erbaut; Bank-und Geschäftsgebäude für die Niederösterreichische Eskompte-Gesellschaft; 1938 Erwerb durch Länderbank; Heute Teil des Signa-Bauprojekts „Goldenes Quartier“. Adaption bis 2014

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2012)

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