Favoritin im Rennen um Top-Job der Korruptionsjäger

(c) Zötl
  • Drucken

Ilse Maria Vrabl-Sanda, Leiterin der Medienstelle der Oberstaatsanwaltschaft Wien, soll die oberste Korruptionsjägerin Österreichs werden.

Die Position ist wichtig. Für die Strafrechtspflege im Allgemeinen. Für das Trockenlegen von Korruptionssümpfen im Besonderen. Die Position erfordert Resistenz gegen politische Angriffe und so etwas wie Standing.

Die Rede ist von der Führung der „Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption“ (WKStA). Der derzeitige Leiter, Walter Geyer, geht Ende November in Pension. Wie berichtet läuft gerade der Kampf um die Nachfolge. Und es gibt bereits eine Favoritin: Ilse Maria Vrabl-Sanda. Noch muss man ihren Namen nicht kennen. Doch das kann sich bald ändern. Vrabl-Sanda war lange Zeit (1992 bis 2006) Richterin, zuletzt Strafrichterin im Straflandesgericht Wien, vulgo: Graues Haus.

Mit ihrem Wechsel zur Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien wechselte sie naturgemäß die Fronten – dies ist fachlich leicht möglich, da Richter und Staatsanwälte dieselbe Ausbildung haben. An der OStA ist Vrabl-Sanda die Stellvertreterin des Behördenleiters Werner Pleischl – und Pressesprecherin.

Nein, fix ist es noch lange nicht, dass Vrabl-Sanda mit Jahreswechsel die oberste Korruptionsjägerin Österreichs – und damit Leiterin einer Anklagebehörde mit derzeit 21 Staatsanwälte-Planposten – wird. Zuerst muss die Personalkommission einen Vorschlag (Reihung) an Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) machen.

Karl trifft ihre Wahl und legt diese wiederum Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) vor. Der kann die betreffende Person ernennen. Oder ablehnen. Diesfalls muss ihm ein neuer Vorschlag unterbreitet werden. Außer Vrabl-Sanda haben sich der Präsident der Staatsanwälte-Vereinigung Gerhard Jarosch und die beiden WKStA-Mitglieder Eberhard Pieber (Vizeleiter der Behörde) und Johann Fuchs beworben.

Dass Vrabl-Sanda fachlich – und als Frau – sehr gute Chancen hat, wird von Eingeweihten durchwegs, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, bestätigt. Dass sie politischem Störfeuer trotzt, hat sie zuletzt bewiesen, als sie die Staatsanwaltschaft Wien öffentlich in Schutz nahm – eine jener Behörden, über die die OStA Fach- und Dienstaufsicht hat. Als nämlich im Korruptions-U-Ausschuss bekannt wurde, dass der dortige ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon unter dem Verdacht der Geldwäscherei steht (10.000-Euro-Zahlung der Hochegger-Firma „Valora“ an die ÖAAB-Zeitschrift „Freiheit“) und daraufhin Amon und ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf Attacken gegen die Ermittler ritten, sprach Vrabl-Sanda von „Untergriffen“.

Diese Art der „Stimmungsmache“, so Vrabl-Sanda vergangenen März, schade „allen Säulen des Rechtsstaates“. Und dass sie weiß, was es heißt, exponiert zu sein, tat sie bei der Gelegenheit auch kund: Solche Angriffe zu parieren sei „geradezu Aufnahmekriterium“ für den Dienst in einer Anklagebehörde. Wie sich nun Ministerin Karl und Bundespräsident Fischer bei der Personalauswahl entscheiden, sollte im November feststehen.

E-Mails an: manfred.seeh@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.