Tierversuche: Tierschützer fordern mehr Kontrolle

Wissenschaftsminister Töchterle (Mitte) und Tierschützer Martin Balluch (rechts) bei der Podistumsdiskussion.
Wissenschaftsminister Töchterle (Mitte) und Tierschützer Martin Balluch (rechts) bei der Podistumsdiskussion.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Martin Balluch kritisiert den Mangel an Informationen über Tierversuche in Österreich. Wissenschaftsminister Töchterle verteidigt das neue Gesetz.

Sind Tierversuche notwendig? Am Dienstag soll das neue Tierversuchsgesetzt im Ministerrat beschlossen werden. Für Tierschutzorganisationen sind aber viele Kritikpunkte offen geblieben. Der Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), Martin Balluch, bemängelt etwa, dass Informationen über Tierversuche in Österreich derzeit wie "Staatsgeheimnisse" behandelt. Er forderte daher am Mittwochabend bei einer kontroversiell geführten Podiumsdiskussion in Wien neben vollständiger Offenlegung und strengeren Kontrollen einen bindenden Kriterienkatalog, an dem sich die Forschungsvorhaben orientieren sollen. Einen solchen, "faktisch bindenden" Katalog, den das Messerli-Forschungsinstitut an der Veterinärmedizinischen Universität Wien ausarbeiten wird, kündigte Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) auch an.

Am Dienstag soll die Neufassung des Tierversuchsgesetzes im Ministerrat beschlossen werden. Die neuen Regeln würden sowohl den Interessen der Wissenschaft wie auch den Forderungen der Tierschützer entgegenkommen, meinte Töchterle. Die verantwortlichen Ressorts - das Wissenschafts-, Gesundheits-, Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerium - wollen mit dem neuen Tierversuchsgesetz eine EU-Richtlinie umsetzen, die eine einheitliche Regelung in Europa anpeilt. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Interessenslagen habe man den "Prozess der Gesetzeswerdung schon sehr gedehnt", so Töchterle.

"Keine Verhandlungen auf Augenhöhe"

Tierschützer Balluch kritisierte, dass es mit den Tierschützern bisher keine "Verhandlungen auf Augenhöhe" gegeben hätte. Töchterle dementierte das, es habe insgesamt vier Gespräche dazu gegeben. Als Minister könne er jedoch nicht "rückhaltlos die Meinung der Tierschützer übernehmen". Man müsse darauf achten, den in Österreich stark im Aufschwung befindlichen Lebenswissenschaften nicht durch zu viele Auflagen zu schaden. Die in dem Bereich tätigen Forschungsinstitutionen, sowie die Pharmaindustrie hatten ihrerseits bereits im September Bedenken über zusätzliche Einschränkungen in der biomedizinischen Forschung geäußert.

Balluch stößt sich vor allem daran, dass niemand wisse, "welche Tierversuche in Österreich stattfinden". Bei seiner Forderung nach stärkerer Reglementierung und noch weiter reichender Offenlegung der Versuchsabläufe sieht der VGT-Obmann auch die öffentliche Meinung auf seiner Seite. Er beruft sich dabei auf eine kürzlich veröffentlichte, vom VGT in Auftrag gegebene IFES-Studie.

"Nicht alle Versuche vermeidbar"

Herwig Grimm vom Messerli Forschungsinstitut analysiert, dass wahrscheinlich für keine der Interessensgruppen eine völlig zufriedenstellende Lösung gefunden werden kann.Ein Kriterienkatalog könnte aber dabei helfen, nicht unbedingt notwendige Tierversuche zu identifizieren, so der Ethiker.

Für Klaus R. Schröder vom Zentrum für Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen sind Tierversuche "vermeidbar, wenn aus heutiger Sicht auch nicht alle". Dort, wo akute eng umschriebene Effekte getestet werden, könne man sich mit alternativen Methoden gut behelfen, dort wo es um "systemische Effekte" geht, die den Gesamtorganismus betreffen, sei es aber bedeutend schwieriger, auf Tierversuche zu verzichten.

(APA)

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