Salzburg: Seminar gegen die Krampus-Angst

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Erwachsene, die sich aus Angst vor dem Krampus nicht außer Haus wagen, erhalten bei einem Seminar Tipps von einer Verhaltenstherapeutin. 25 Frauen versuchen ihre Furcht vor den finsteren Gestalten zu überwinden.

Salzburg. Für Kathrin, Christa oder Doris sind die Tage Anfang Dezember, ja was eigentlich? Die Hölle? Sehr schwierig jedenfalls. Aus Angst, einer Krampustruppe zu begegnen, verzichten die Frauen auf Treffen mit Freunden, auf Stadtbummel oder Besuche am Christkindlmarkt. Sie bunkern Lebensmittel, um ein paar Tage möglichst nicht außer Haus gehen zu müssen. Bei einem Seminar mit den Anifer Krampussen und der Verhaltenstherapeutin Andrea Hammerer versuchen rund 25 Frauen an diesem Montag, wenige Tage vor dem ominösen 5. Dezember, ihre Furcht vor den finsteren Gestalten zu überwinden.

Erwartungsangst nennt die Psychologin jene irrationale Reaktion, die bei manchen Menschen schon der Gedanke an eine unfreiwillige Begegnung mit den Krampussen hervorrufen kann. Schweißnasse Hände, Übelkeit, Zittern. Ein bisschen Angst sei normal, meint Andrea Hammerer. Doch wenn die Angst übermächtig werde, sollte man etwas tun. „Flucht ist kontraproduktiv. Man muss sich der Situation stellen“, erklärt die Psychologin. Die Angst verschwinde, wenn man merke, dass in der Situation, vor der man sich fürchte, nichts geschehe. Und wenn die Panik trotzdem kommt: „Bewusst langsam ausatmen und bis zehn zählen“, rät die Therapeutin. Davonlaufen bringe nichts.

Bei den Anifer Krampussen gebe es strenge Verhaltensregeln, es gelte Alkoholverbot und niemand würde zuhauen, versucht Vereinsobmann Markus Friesacher zu versichern. Sein Tipp: nicht hysterisch schreien und auch nicht wegschauen. Außerdem sollte man nur gut organisierte Krampusläufe besuchen. Doch nicht alle Krampuspassen sind so zivilisiert wie die Anifer. Eine junge Frau erzählt, wie in einem Salzburger Lokal vor ein paar Jahren als Krampusse Verkleidete die Einrichtung zertrümmert haben.

Aggressionen gegen Frauen

Karin aus Großgmain hat erst vergangene Woche bei einem Krampuskränzchen von Schlägen mit Kuhschweifen schmerzhafte blaue Striemen davongetragen. Erlebnisse mit Burschen und Männern, die unter dem Schutzmantel des Brauchtums Aggressionen auslebten, hatten schon einige Frauen. Die Panik kommt nicht von ungefähr.
Hammerer setzte auf Konfrontationstherapie: Vier junge Männer in zotteligen Fellkostümen betreten plötzlich den Saal, die Masken halten sie in Händen. Dennoch fließen bei mancher Teilnehmerin Tränen. Anja, eine junge Salzburgerin, überwindet sich als Erste und stülpt sich zitternd eine Holzmaske über den Kopf. Danach posiert sie mit dem Verkleideten für ein Erinnerungsfoto. Das Eis ist gebrochen.

„Im geschützten Rahmen ist es okay. Aber wenn ich morgen durch die Getreidegasse gehe, weiß ich nicht, wie es mir geht“, meint Kathrin am Schluss der Veranstaltung. Oder wie es Karin auf den Punkt bringt: „Es war wie im Streichelzoo.“

Lexikon

Krampus? Der 5. Dezember, der Tag vor dem Ehrentag des Heiligen Nikolaus von Myra, eines der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche, wird im Alpenraum auch Krampustag genannt. Während der Nikolaus im Brauchtum große und kleine Kinder meist mit Süßigkeiten beschenkt, sieht die Jobdescription für den Krampus deutlich anders aus. Er soll den weniger „Braven“ Angst einflößen und sie so bestrafen. Während der Zeit der Inquisition war der Krampus-Brauch von der katholischen Kirche verboten. Auch heute ist er von ihr nicht gern gesehen. Dennoch hat der Brauch überlebt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2012)

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