"Dringender Tatverdacht" im Fall Kührer

Julia Kührer
Julia Kührer(c) APA HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Nach der Festnahme eines Mannes, dessen DNA-Spuren bei der Leiche der vermissten Julia Kührer gefunden wurden, steht fest: Die 16-Jährige wurde ermordet.

Pulkau/Red. Der am Mittwochabend im Fall Kührer neuerlich festgenommene 51-jährige Wiener steht für die Ermittler des Bundeskriminalamtes (BK) unter „dringendem Tatverdacht“. Er wurde am Donnerstag weiter einvernommen. Am Freitagabend soll er laut Ernst Geiger, Leiter der Ermittlungen im BK, ins Landesgericht Korneuburg eingeliefert werden. Mit der DNA-Spur des Verdächtigen auf einer Decke, in die Julia Kührers Leiche eingewickelt war, gebe es nun einen ersten Sachbeweis, so der Kriminalist in einer Pressekonferenz mit Niederösterreichs Landespolizeidirektor, Franz Prucher, am Donnerstag.

Zwar lasse sich die Todesursache nicht mehr zu 100 Prozent klären, erklärte Geiger, doch die Gutachten würden aussagen, dass der Tod des Mädchens „nicht bloß fahrlässig oder eigenverschuldet eingetreten ist“. Die Ermittlungen würden in Richtung Mord gehen, so Geiger.

Michael K., der weiterhin nicht geständig ist, sei „von Anfang an der Hauptverdächtige“ gewesen, erinnerte Geiger. Der Mann wurde damals in Haft genommen, Anfang Juli 2011 allerdings enthaftet, weil es keinen Sachbeweis gab. Die Verantwortung des Wieners habe nicht widerlegt werden können, so Geiger.

Nun gibt es den DNA-Beweis. Und: Dem Verdächtigen konnte in der Zwischenzeit auch nachgewiesen werden, dass er ein falsches Alibi angegeben hatte. Bisher hatte der Mann behauptet, zum Zeitpunkt des Verschwindens des 16-jährigen Mädchens in Tschechien gewesen zu sein. Die Ermittler können aber jetzt nachweisen, dass er, als Julia Kührer zuletzt gesehen wurde – nämlich als sie aus einem Bus in Pulkau ausgestiegen ist –, mit seinem Handy am Hauptplatz in Pulkau eingeloggt war. Außerdem hätte die Zusammenarbeit mit der Grenzpolizei ergeben, dass der Mann erst einen Tag später als bisher angegeben in Tschechien eingereist sei, so Geiger. Was dazu kommt: Jugendliche wären in der Videothek des Inhaftierten ein- und ausgegangen, hätten Getränke und Suchtmittel konsumiert. Es gebe viele Aussagen, die den behaupteten losen Kontakt des Verdächtigen mit Julia Kührer widerlegen würden, sagte Geiger.

DNA-Methode aus Deutschland

Für den nunmehrigen DNA-Beweis kam den Ermittlern der Erfahrungsaustausch mit deutschen Kollegen, konkret mit dem Landeskriminalamt Hessen, zugute. Im deutschen Mordfall „Mirco“ sei eine sehr aufwendige Hauptschuppenanalyse durchgeführt worden und habe zum Erfolg geführt. Die Durchführung einer derartigen DNA-Analyse sei daraufhin auch bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg angeregt und letztlich in Mödling durchgeführt worden. Das Ergebnis, so Geiger: „15 von 16 Merkmalspuren stimmten mit dem Profil des Verdächtigen überein.“ Die Folge war die – neuerliche – Festnahme von Michael K.

In Österreich werden DNA-Spuren seit Oktober 1997 routinemäßig bei der Aufklärung von Straftaten eingesetzt. Auf den Fall Kührer wurde die renommierte Gerichtsgutachterin Christa Nussbaumer angesetzt. Die Spezialistin für forensische Molekularbiologie und DNA-Analysen hat auf Überresten der verbrannten Stoffdecke, die um die Leiche von Julia Kührer gewickelt war, DNA-Spuren des Verdächtigen nachgewiesen – obwohl sich die teilweise verbrannte Decke fünf Jahre lang in einem feuchten Erdkeller befunden hatte.

Auf welche Art sie das bisher einzige Beweisstück der Polizei im Fall Kührer untersucht hat, will die Expertin nicht öffentlich kommentieren, um ein etwaiges Gerichtsverfahren nicht zu beeinflussen oder gar zu gefährden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2012)

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