Shop-in-Shop: Die Waffel im Buchladen

ShopinShop Waffel Buchladen
ShopinShop Waffel Buchladen(c) Www BilderBox com (Www BilderBox com)
  • Drucken

In Österreich gibt es wieder mehr Geschäfte im Geschäft. Bei den Kunden kann das für Verwirrung sorgen, auch für die Anbieter ist die Kooperation mit anderen Marken nicht risikofrei.

Früher war das ja noch irgendwie übersichtlicher. Früher ging man in ein Buchgeschäft und wusste genau, was man dort bekommen würde. Eben ein Buch, als Luxus vielleicht noch ein Geschenkpapier mit Schleife dazu. Doch das ist schon lange vorbei.

Wer heute in die Thalia-Filiale auf der Mariahilfer Straße in Wien geht, kann neben Büchern auch zwischen Cappuccino und Muffins der Coffeeshop Company sowie den Tablets und Computern des Elektrohändlers DiTech wählen. Seit November verkauft nun auch Süßwarenhersteller Manner seine Waffeln auf einer 40Quadratmeter großen Fläche mitten im Buchgeschäft. Zusätzlich gibt es Geschenkartikel wie Fahrradhelme und Babystrampler – natürlich alle rosa gebrandet.

Und Thalia ist nicht der Einzige, auch der Elektronikriese Samsung hat im vergangenen Jahr zahlreiche Shop-in-Shops aufgemacht. Ein weiteres Beispiel ist die Firma Do&Co, die mit ihrem Bistrokonzept „Henry“ ein eigenes Lokal im Billa Corso aufgemacht hat.

„Bücher alleine ziehen heutzutage niemanden mehr ins Geschäft“, erklärt Josef Pretzl, Geschäftsführer von Thalia Österreich, warum seine Firma so viele Untermieter ins Geschäft lässt. Schon lange davor hat die große Buchhandelskette ihre Verkaufsstrategie umgestellt, Bücher werden seither nicht mehr nur nach Sparten wie Belletristik und Fachbüchern im Geschäft angeordnet, sondern nach Erlebnis- und Themenwelten aufgestellt und verkauft.

Zu wenig Umsatz. Das bedeutet, Familienratgeber werden neben Kinderbüchern und Brettspielen in der Kategorie „Familie“ positioniert. Und Fachbücher neben Papier- und Büroartikeln in der Sparte „Lernen&Wissen“. Geschäfte wie Manner, DiTech oder das Kaffeehaus sollen den Kunden zusätzlich ins Geschäft locken – das hoffen zumindest die Betreiber.

Experten sehen das freilich kritischer, deutet ein Geschäft im Geschäft doch oft auch auf wirtschaftliche Probleme hin. „Ein Shop-in-Shop-Konzept ist definitiv eine Maßnahme, um den Umsatz pro Quadratmeter zu erhöhen“, sagt etwa Peter Schnedlitz, Vorstand des Instituts für Handel und Marketing an der WU Wien.

Wer seine Verkaufsfläche an Untermieter abgibt, muss selbst weniger Miete zahlen. Und die ist ja gerade in zentralen Lagen meist ziemlich hoch. Letztlich können so aber auch Synergien entstehen, sagt Schnedlitz. Cross-Selling heißt das in der Fachsprache. Die Kunden des einen werden die des anderen. Zumindest, wenn der Plan funktioniert.

Die Urmütter des Shop-in-Shop-Konzepts sind übrigens große Kaufhäuser wie jene der englischen Kette Harrods. „Da finden Sie beim Eingang alle bekannten Marken wie Gucci oder Armani.“ Schlussendlich sollen starke Marken das Ansehen des Anbieters steigern.

Bei Manner hat man jedenfalls große Hoffnung in das Konzept. Thalia habe man ausgewählt, weil Manner mehr Wiener ansprechen wollte, sagt Sprecherin Karin Steinhart. „Mit dem Geschäft am Stephansplatz bedienen wir ja eher Touristen.“

Ob diese Vorhaben in der Praxis funktionieren? Bei einem Lokalaugenschein an einem Einkaufssamstag im Dezember ist die Manner-Verkaufsfläche jedenfalls leer. Niemand interessiert sich für die Waffeln und Kekse in rosafarbener Packung. Die Verkäuferinnen sitzen gelangweilt herum. Während sich ringsherum an den Thalia-Kassen die Leute regelrecht zerquetschen.

36 Shops in sechs Monaten. Im ganz großen Stil hat der Elektroriese Samsung seine Untermiete in den vergangenen Monaten vorangetrieben. Die Firma hat innerhalb von einem halben Jahr 36 Shop-in-Shops in Österreich eröffnet. Vorwiegend in großen Elektrogeschäften wie Media Markt, aber auch Netzanbieter Orange ist dabei. Bis Jahresende sollen noch vier weitere Geschäfte dazukommen.

„Wir versuchen so, unseren Kunden die Samsung-Erlebniswelt näherzubringen“, sagt Sprecherin Réka Bálint. Wieso die Firma dafür ein Geschäft im Geschäft braucht, kann sie dann aber nicht erklären. Wohl aber, wie Samsung davon profitieren möchte: Es gibt eine bestehende Infrastruktur, einen Kundenstamm – und für die Kunden bedeute es eine Ansprechperson mehr, wenn im großen Elektrohandel niemand Zeit für einen hat, argumentiert Bálint. Die können freilich nur über Samsung-Produkte Auskunft geben.

Die Zukunft des Handels? Eher nicht. Dabei ist der Nutzen für Kunden auch deren Leid: „Sie haben zwar einerseits den Vorteil, mehrere Dinge an einem Ort kaufen zu können, andererseits sorgt das auch für Verwirrung“, sagt Schnedlitz. Thalia würde so sein Profil als Buchhändler verwässern.

Und auch sonst sei ein Shop-in-Shop alles andere als risikofrei für die Betreiber. Hat der eine ein Problem, trifft es auch den anderen. „Mitgefangen, mitgehangen“, sagt Schnedlitz. Als Zukunft für den Handel sieht er das Konzept daher nicht: „Denn der braucht klare Profile.“

Zwei in Eins

Ditech, die Coffeeshop Company und neuerdings auch Süßwarenhersteller Manner sind in der Wiener Thalia-Filiale auf der Mariahilfer Straße 99 zu finden.

Samsung hat innerhalb eines halbes Jahres 36 Shop-in-Shops eröffnet. Zu den Neueröffnungen zählen etwa gleich zwei Samsung-Verkaufsflächen im Media Markt in Wien-Mitte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.