Post-Partner: Das Weihnachtspaket als letzte Rettung?

Das Weihnachtspaket als letzte Rettung?
Das Weihnachtspaket als letzte Rettung?(c) Erwin Wodicka BilderBox com (Erwin Wodicka BilderBox com)
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Ein Friseursalon in Wien Hernals, der auch Post-Partner ist, kommt nicht aus den roten Zahlen. Die Post selbst zeigt sich nicht sonderlich überrascht - sonst hätte man den Standort ja nicht aufgegeben.

Sie begann das Experiment Postpartner mit großen Plänen. Als Eva Becker Anfang April die von der Schließung betroffene Postfiliale neben ihrem Friseursalon in der Neuwaldegger Straße in Wien Hernals übernahm, wollte sie ein „Day-Spa-Zentrum“ daraus machen. „Bestehend aus einem Friseursalon, einem Kosmetikstudio und einem Bereich für Körperbehandlungen sowie Fußpflege“, schwärmte sie damals. Aber daraus wurde nichts.

Die strengen Bauvorschriften machten ihr einen Strich durch die Rechnung. Übrig geblieben ist eine Filiale an einem Standort, an dem sie schon vorher nicht rentabel war. Mittlerweile, acht Monate nach der Eröffnung, hat sich bei der Friseurmeisterin Ernüchterung eingestellt. „Es kommen zu wenige Kunden, bis jetzt ist es ein klares Verlustgeschäft“, klagt Becker, die nun einen letzten Versuch unternimmt, ihr Postamt zu retten.

Geschenkshop als Lösung?

Ein Geschenkshop, der rechtzeitig für das Weihnachtsgeschäft eröffnet wurde und unter anderem Handtaschen, Plüschtiere und Kinderartikel im Sortiment hat, soll Schwung in das schleppende Geschäft bringen. „Mit dieser Maßnahme hoffe ich, das Ruder herumzureißen und die Verluste zu minimieren“, so Becker. Die Hoffnung, mit der Filiale Gewinne zu erzielen, habe sie ohnehin schon aufgegeben. „Ich frage mich, wie andere Post-Partner überleben können. Niemand kann mir erzählen, dass man damit erfolgreich sein kann.“

Mitschuld an der Misere hat ihrer Meinung nach auch die Post. Denn: „Dort weiß die eine Hand nicht, was die andere tut. Die Kommunikation lässt sehr zu wünschen übrig.“ Außerdem gebe es dort zu viele Mitarbeiter, die keinerlei Engagement zeigten, das über ihr Betätigungsfeld hinausgehe. Aufgeben kommt für Becker dennoch nicht infrage. „Ich will mir gar nicht ausmalen, was aus diesem Standort und meinem Friseursalon wird, wenn es hier keine Postfiliale mehr gibt. Daher ist es mir ein Anliegen, den Betrieb hier am Laufen zu halten. Auch wenn ich damit kein Geld verdiene.“

Dass Becker derartige Schwierigkeiten hat, überrascht die Post nicht sonderlich. Das Risiko sei allen Partnern bewusst gewesen, das Postgeschäft könne man schließlich nicht neu erfinden. „Wenn die Filialen rentabel gewesen wären, hätten wir sie nicht geschlossen bzw. schließen dürfen“, sagt Sprecher Stephan Fuchs. Wer also eine Filiale an demselben Standort übernimmt, kenne das Geschäftsaufkommen und die damit verbundene finanzielle Situation. „Denn was wir tun können, ist, eine ziemlich genaue Prognose über das Postaufkommen in einer Filiale bzw. Gegend abzugeben, sonst liegt die Verantwortung bei den Post-Partnern“, so Fuchs. Je nach Standort und Branche hätten Post-Partner eine unterschiedliche Ausgangslage. „Die Umwegrentabilität ist bei einer Tabaktrafik natürlich höher als etwa in einem Friseursalon. Wenn man einen Brief aufgeben will, legt man das eher mit einem Besuch in der Trafik zusammen als mit einem Gang zum Friseur“, sagt Fuchs.

Briefaufgabe im Sonnenstudio

Insgesamt 108 Postfilialen und 30 Post-Partner gibt es mittlerweile in Wien. Zumeist sind es Trafiken, Office-Shops, Apotheken oder Lebensmittelgeschäfte. Zuletzt kamen eine Werbeagentur und ein Sonnenstudio dazu, in denen Kunden Briefe und Pakete aufgeben sowie kleinere Bankgeschäfte tätigen können. Noch bis vor eineinhalb Jahren hatte Wien nichts mit Postamtsschließungen zu tun – bisher war nur die Landbevölkerung betroffen. 1354 Post-Partner wurden in ganz Österreich eingerichtet, im Schnitt bekommen sie 15.000 bis 18.000 Euro pro Jahr. Seit Frühjahr 2011 stehen auch in Wien Schließungen an. Rund 50 Filialen wurden bzw. werden bis Anfang 2013 durch Bawag-PSK-Filialen oder Post-Partner ersetzt.

In den kommenden Monaten sollen in Wien drei, österreichweit 23 hinzukommen. Denn das Briefgeschäft schrumpft um drei bis fünf Prozent. Hingegen wächst nicht nur zur Weihnachtszeit das Paketgeschäft. Allerdings: Einer Milliarde Briefe stehen 60 Millionen Pakete gegenüber.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2012)

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