Mikl-Leitner traf Asylwerber aus der Votivkirche

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Man dürfe Asylwerber nicht mit Kriminellen gleichsetzen, so die Ministerin. Der Hungerstreik wird fortgesetzt, in der Kirche werden nun Deutschkurse angeboten.

Wien/Duö/APA. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ist am Mittwoch nun doch mit den Asylwerbern, die sich in der Wiener Votivkirche im Hungerstreik befinden, zusammengetroffen. Im Vorfeld hatte Mikl-Leitner den persönlichen Dialog abgelehnt, mit dem Gespräch sei sie einem mehrfachen Ersuchen der Caritas - sie betreut die Hungerstreikenden - nachgekommen.

Ein konkretes Ergebnis gab es nach der zweistündigen Zusammenkunft im Innenministerium mit vier Vertretern der Hungerstreikenden nicht. Mikl-Leitner bekräftigte, dass es keine strukturellen Änderungen im österreichischen Asylwesen geben werde, da es eines der besten Asylsysteme in Europa sei. Und: Forderungen wie nach einem Abschiebestopp oder der Löschung von Fingerabdrücken würden keinesfalls erfüllt, weil diese jeglicher EU-Vorgabe widersprechen würden.

Den Vertretern sagte sie zu, dass Beschwerden über schlechte Quartiere und fehlende Grundversorgung einzeln geprüft werden. Man dürfe Asylwerber nicht mit Kriminellen gleichsetzen, so die Innenministerin. Und: Sie hoffe, dass die Asylwerber die Betreuungsangebote von Ministerium und Caritas annehmen. Danach sieht es allerdings nicht aus: Derzeit wird von den Unterstützern ein Deutschkurs für die rund 40 Asylwerber vorbereitet, der ab Donnerstag regelmäßig in der Kirche stattfinden soll. Der Wunsch nach dem Unterricht komme von den Asylwerbern selbst, so eine Unterstützerin, die namentlich nicht genannt werden möchte.

Bildung und Spracherwerb gehören seit Beginn der Proteste Mitte November zu den Forderungen der Asylwerber. Mit den Deutschkursen wolle man ihnen eine Perspektive bieten, damit die Betroffenen längerfristig am gesellschaftlichen Leben in Österreich teilnehmen können, sagt die Unterstützerin. Inwieweit sich die Betroffenen auf den Unterricht einlassen können, wird sich erst zeigen - die meisten haben seit elf Tagen keine Nahrung zu sich genommen.

„Wichtig ist, dass sie genug Flüssigkeit aufnehmen. Das versuchen wir durch intensive Informationsarbeit den Betroffenen zu erklären", sagt Michael Hüpfl, Chefarzt der Johanniter, die die Asylwerber medizinisch betreuen. Zwar wurden die ärztlichen Ratschläge bisher aufmerksam angenommen, sagt Hüpfl, aber Erschöpfungszustände seien deutlich bemerkbar. In der Regel kann ein Hungerstreik rund zehn Wochen überlebt werden, wobei freilich auch der körperliche Zustand und äußere Faktoren eine entscheidende Rolle spielen. Die Asylwerber in der Votivkirche hätten, so Hüpfl, keine „unheimlichen Reserven". Sie bekommen jedenfalls Vitamine verabreicht, auch eine klare Suppe wird jeden Tag zubereitet.

Erhöhung des Taschengeldes

Unterdessen wurde von der Generaldirektion für öffentliche Sicherheit nochmals bekräftigt, dass die Räumung des Camps am vergangenen Freitag geprüft wird; Ende Jänner soll das Ergebnis vorliegen. Ein entsprechender Auftrag kam am Sonntag von Mikl-Leitner. Zuvor wurde die Räumung von verschiedenen Seiten kritisiert, da auch Bagger zum Einsatz kamen und die „Infrastruktur" des Camps offensichtlich zerstört wurde. Nach der Räumung sind alle Asylwerber in die Votivkirche gezogen, wo einige von ihnen vorher schon Quartier bezogen hatten.

Vor Mikl-Leitner trafen Kardinal Christoph Schönborn und die Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden, Beatrix Mayrhofer, die Asylwerber. Zudem fand am Mittwoch eine Solidaritätskundgebung für die Hungerstreikenden statt. Mit ihrem Protest fordern die Asylwerber unter anderem bessere Übersetzer, Bildung, Zugang zum Arbeitsmarkt und die Erhöhung des „Taschengeldes" (derzeit monatlich 40 Euro) während der Zeit des Asylverfahrens.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 3. Jänner 2013)

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