Neun Jahre Haft für Gottfried Küssel

APA/HELMUT FOHRINGER
  • Drucken

Der Frontmann der österreichischen Rechtsradikalen wurde Donnerstag spätabends wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilt. Die beiden Mitangeklagten erhalten sieben und viereinhalb Jahre Haft. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Wien. Neun Jahre Gefängnis für Gottfried Küssel (54). Sieben Jahre Haft für Felix B. (35) und viereinhalb Jahre für Wilhelm A. (41). So fielen am Donnerstag spätabends die Strafen für das Angeklagten-Trio aus. Bei Küssel war der von den Geschworenen gefällte Schuldspruch mit einer denkbar knappen Mehrheit, nämlich mit 5 : 3 Stimmen, ergangen. Da die Verteidigung sofort Rechtsmittel anmeldete, sind die wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung gefällten Urteile nicht rechtskräftig.

Anklage wollte noch mehr Haft

Küssel war auch beim Prozessfinale am Donnerstag dabei geblieben: „Nicht schuldig“ im Sinne des Verbotsgesetzes (§ 3 g). Ihm sowie seinen beiden Mitangeklagten B. und A. wurde in einem seit Mitte Mai 2012 laufenden Geschworenenprozess das Einrichten bzw. das Betreiben der Neonazi-Homepage alpen-donau.info („ADI“) vorgeworfen. Diese hatte laut Anklage eine „nationalsozialistische Zielsetzung“; Küssel habe insofern den Vorsatz gehabt, „die Ziele der NSDAP zu fördern“.

Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter hatte Donnerstagnachmittag in seinem Plädoyer das Gericht aufgefordert, wegen der „besonderen Gefährlichkeit“ von Küssel, B. und A. den im Verbotsgesetz vorgesehenen schärferen Strafrahmen von bis zu 20 Jahren Haft heranzuziehen. Innerhalb dieses Rahmens bewegten sich dann tatsächlich die Strafen. Die vorsitzende Richterin Martina Krainz begründete dies damit, dass das Internet „enorme Verbreitung“ habe und daher eben von einer besonderen Gefährlichkeit“ und ganz „gravierenden Taten“ auszugehen sei. Erschwerend bei der Strafzumessung für Küssel sei auch der Umstand gewesen, dass der 54-Jährige als „führender Kopf der rechten Szene“ fungiere. Außerdem weise er bereits mehrere, teils einschlägige Vorstrafen auf, vor allem eine elfjährige Haftstrafe aus dem Jahr 1994.

Küssels Rechtsbeistand Michael Dohr hatte zuvor erklärt: „In Bezug auf Küssel ist die Anklage in sich zusammengefallen.“ Küssel stehe „politisch und ideologisch zweifelsfrei am äußerst rechten Rand“, dennoch sei er freizusprechen. Denn: „Die Straftat, die ihm angelastet wird, hat er nicht begangen.“
Entlastendes war in der Schlussphase des Prozesses vom EDV-Gutachter Kurt Judmann zu hören gewesen. Dieser konnte Küssel „keine unmittelbare Zuordnung“ zur Homepage alpen-donau.info bzw. dem zugehörigen Forum alinfodo.com nachweisen. Laut Judmann konnten bei Küssel weder Passwörter zur Homepage sichergestellt werden noch ließen sich Administratorentätigkeiten belegen. Auf eine Frage von Küssel stellte der Experte fest: „Es gibt überhaupt keinen Hinweis, dass Sie dort etwas getan haben.“

Bei den beiden Mitangeklagten waren auf deren Computerfestplatten passende Passwörter gespeichert, eine Nutzung war aber nur bei B. eindeutig feststellbar, der laut Judmann einen Transfer von Daten auf das Forum vorgenommen sowie Artikel für die Homepage erstellt habe.

Diese Feststellungen des EDV-Spezialisten reichten aber offensichtlich nicht aus, um die Mehrheit der Geschworenen von Schuldsprüchen abzubringen. Bitter für Küssel: Wäre die Abstimmung der Laienrichter – diese entscheiden in Österreich allein (ohne Berufsrichter) über Schuld oder Schuldlosigkeit – mit 4 : 4 Stimmen, also Gleichstand, ausgegangen, hätte sich Küssel über einen Freispruch freuen dürfen. Denn in diesem Fall wäre im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden gewesen. Das letzte Wort hat nun der OGH, der über die Rechtsmittel entscheiden wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11. Jänner 2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kommentare

Urteil mit bitterem Nachgeschmack

Der Schuldspruch für den Rechtsradikalen Gottfried Küssel wird nicht begründet: Ein fragwürdiges Defizit.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.