Ärztekammer will notfalls Ambulanzgebühren einführen

Ambulanzen werden vor allem am Wochenende und an Feiertagen auch bei kleineren
Ambulanzen werden vor allem am Wochenende und an Feiertagen auch bei kleineren "Wehwechen" aufgesucht.(c) FABRY Clemens
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Die Ambulanzen seien hoffnungslos überlaufen. Patienten kämen nicht nur bei Notfällen, sondern bei „jedem Wehwehchen“ in die Ambulanzen.

Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) fordert eine "deutliche Entlastung der hoffnungslos überlaufenen" Spitalsambulanzen. Harald Mayer, ÖÄK-Vizepräsident und Obmann der Bundeskurie angestellter Ärzte, denkt im Ö1-"Morgenjournal" auch daran, notfalls eine reformierte Ambulanzgebühr wieder einzuführen. "Ich halte das nicht für sinnlos, wenn es anders aufgesetzt ist, als das letzte Mal", so Mayer.

"Zuletzt hatten wir über 16 Millionen Ambulanzbesuche jährlich. Speziell an Feiertagen, am Wochenende und in der Nacht werden die Ambulanzen regelrecht gestürmt", betonte Mayer. Patienten kämen dann nicht nur bei Notfällen, sondern bei „jedem Wehwehchen“ in die Ambulanzen. „Man wird den Patienten vermitteln müssen, dass sie alles bekommen können, was medizinisch rund um die Uhr notwendig ist. Und das ist eben nicht die Heiserkeit, der Schnupfen, der eingewachsene Zehennagel und Bauchschmerzen seit drei Wochen.“

Ambulanzen sollten nur noch über einen begründeten Rettungstransport oder mit einer Überweisung aufgesucht werden können, erklärte Mayer am Montag in einer Aussendung. Die Versorgung außerhalb der Krankenhäusern müssten so weit ausgebaut werden, dass die Ambulanzen entlastet werden.

Verschlechterung der Situation

Mayer befürchtet im Ö1-Interview, dass sich die Situation aufgrund der Gesundheitsreform weiter verschlechtern könnte. "Die Patienten werden noch mehr in die Ambulanzen laufen, als sie es heute schon tun", weil es keine zusätzlichen Verträge für Kassenärzte geben soll. Die ÖÄK fordert mehr als 1000 zusätzliche Verträge und eine Zugangsbeschränkungen für die Spitäler. Auch eine Ambulanzgebühr sei notfalls eine Möglichkeit. Diese wurde 2003 vom Verfassungsgerichtshof wegen Unrechtmäßigkeit aufgehoben, weil die Ambulanzen dadurch nicht entlastet wurden. Sie betrug bis zu 18 Euro. Außerdem war ein Gebühren-Chaos entstanden, da es zahlreiche Ausnahmen gab.

Kritik übte Mayer auch an der wirklichkeitsfremden Gesetzgebung zur Bildung von Gruppenpraxen: "Die Voraussetzung zur Bildung ärztlicher Zusammenarbeitsformen sind derart kompliziert und unpraktikabel, dass viele Ärzte abgeschreckt werden." Der Gesundheitsminister solle sich damit auseinandersetzen und der Realität ins Auge sehen anstatt den Ärzten vorzuwerfen, sie würden durch ihre Bedenken die Entwicklung behindern. "In Wahrheit ist es doch so, dass in den meisten Bundesländern mit den Gebietskrankenkassen Verträge für Gruppenpraxen fehlen, die die Ambulanzen entlasten könnten", sagte Mayer.

Akutordination als Schnittstelle

Die ÖÄK tritt weiterhin für das von ihr entwickelte Modell der Akutordination ein. Diese soll eine Schnittstelle zwischen Spital und wohnortnahem medizinischem Angebot sein. Mayer: "Der ungesteuerte Patientenstrom wird so kanalisiert. Nur echte Notfälle werden sofort behandelt, entweder in der Akutordination oder im Spital. Die übrigen Fälle werden an den Haus- oder Vertrauensarzt oder an einen geeigneten Facharzt überwiesen." Das Modell habe zudem den Vorteil, die Randzeiten bedienen und so die Ambulanzen nachhaltig entlasten zu können.

(Red.)

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