Urteil: Adoption für lesbische Paare?

(c) EPA Andrea Bruce Woodall
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheidet am Dienstag über die Rechtslage bei Stiefkindern von lesbisches Paaren. Derzeit sieht das österreichische Gesetz solche Adoptionen nicht vor.

Strassburg/Wien/Uw. Darf eine Frau, die mit einer anderen in einer lesbischen Beziehung lebt, das Kind ihrer Lebensgefährtin adoptieren? Als zweiter Elternteil? Am Dienstag gibt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) seine Antwort auf die Frage. Gestellt hat sie ein österreichisches lesbisches Paar, das gegen die Republik vor Gericht gezogen ist.

Derzeit sieht das heimische Gesetz solche Stiefkindadoptionen für gleichgeschlechtliche Paare nicht vor. Laut geltender Rechtslage beendet die Adoption eines Kindes z.B. durch eine Frau nämlich nur die rechtliche Beziehung des Kindes zum Elternteil des gleichen Geschlechts, also zur Mutter. Im Gesetz über die Eingetragene Partnerschaft ist die Stiefkindadoption sogar explizit verboten.

Im Anlassfall hatte die Mutter das Kind – es ist inzwischen 17 Jahre alt – in die Beziehung mitgebracht. Ein Antrag des Paares auf eine Stiefkindadoption wurde vom Gericht abgelehnt, und zwar ohne das Kindeswohl zu prüfen, wie das bei heterosexuellen Paaren der Fall wäre. Dass der Vater des Kindes noch lebt und mit der Adoption nicht einverstanden ist, spielt vor dem EGMR keine Rolle: Diese Frage müsste nach einem für das lesbische Paar positiven Urteil noch extra geprüft werden. In Straßburg geht es vielmehr um das Recht auf eine Kindeswohlprüfung an sich.

Änderung in ein, zwei Jahren

Der Anwalt des Paares sieht die beiden in ihren Menschenrechten (Diskriminierungsverbot, Recht auf Familie) verletzt. Da es sich für den Gerichtshof um eine Grundsatzfrage handelt, wurde der Fall an die Große Kammer des EGMR übergeben. Sollte Österreich verurteilt werden, müsste man die Rechtslage anpassen, heißt es aus dem Justizministerium – „möglichst rasch, spätestens in ein, zwei Jahren“. In diesem Fall will man sich das Adoptionsrecht generell ansehen. Ob sich ein solches Urteil auch auf die Frage auswirkt, ob gleichgeschlechtliche Paare gemeinsam ein fremdes Kind adoptieren dürfen, hängt von der genauen Begründung des EGMR ab. Derzeit ist dies Lesben oder Homosexuellen nur als Einzelperson erlaubt. Ein Fall dazu liegt beim deutschen Bundesverfassungsgericht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2013)

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