Reicht das AMA-Gütesiegel? SPÖ will neue Standards

Fleisch mit dem AMA-Gütesiegel steht für
Fleisch mit dem AMA-Gütesiegel steht für "konventionell erzeugte Lebensmittel, die überdurchschnittliche Qualitätskritierein erfüllen und deren Herkunft nachvollziehbar ist."(c) APA (HARALD SCHNEIDER)
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Gesundheitsminister Stöger will höhere Strafen bei Etikettenschwindel und ein neues Gütesiegel. Die ÖVP will beim AMA-Gütesiegel bleiben.

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) will die Strafen für falsche Lebensmittelkennzeichnung erhöhen. So soll die Höchststrafe bei Etikettenschwindel künftig 50.000 Euro anstatt bisher 20.000 Euro betragen, die Mindeststrafe im Wiederholungsfall 5000 Euro. So "rasch als möglich" soll ein Gesetzesvorschlag vorgelegt werden, sagte ein Sprecher des Ministers ohne einen genauen Zeitrahmen zu nennen.

Ein staatliches Gütezeichen für Produkte, die gentechnikfrei, tierschutzgerecht und nach Kriterien der gesunden Ernährung produziert werden, steht sogar im Koalitionsabkommen. Es brauche aber immer zwei Partner, das auch umzusetzen, schiebt Gesundheitsminister Stöger im Gespräch mit dem Ö1-Mittagsjournal am Freitag die Blockiererrolle der ÖVP zu. Der Knackpunkt der Diskussion: es gibt bereits das AMA-Gütesiegel, das von der Agrarmarkt Austria vergeben wird und damit ins Ressort von Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich fällt. Dieses Gremium ist sozialpartnerschaftlich besetzt. Stöger sieht dort die Bauern in einer Machtposition: "Ein Gütezeichen würde ja jene Betriebe, die einen besonderen und einen nächst höheren Level in der Produktion haben, stärken und das will man dort nicht". Der nächste Schritt sei eine europaweite elektronische Datenbank, wo man den Weg des Fleisches nachvollziehen könne, forderte Stöger in der ZiB 2 Freitagabend.

Johannes Schmuckenschlager, Vizepräsident des ÖVP-dominierten Bauernbundes, dementiert machtpolitische Überlegungen in der Diskussion. Das AMA-Gütesiegel sei gut eingeführt und funktioniere. Was nicht funktioniert, seien die Kontrollen. Dafür sei wiederum der Gesundheitsminister zuständig, spielt Schmuckenschlager den Ball wieder zurück zu Stöger.

Teilweise Zutaten aus dem Ausland

„Bei Fleisch mit AMA-Gütesiegel muss das Tier in Österreich geboren, gemästet und geschlachtet worden sein“, erklärt Manuela Göll von der AMA der Presse.

Überprüft wird das mit einer strengen Dokumentation, inklusive Viehverkehrsschein, Schlachtkörper- und Zerlegeetikett. Zusätzlich führt die AMA pro Jahr etwa 2000 Stichproben durch. Die strenge Regelung gilt vor allem für Frischfleisch, bei Wurst gibt es etwas mehr Spielraum für ein AMA-Siegel. Dort müssen nur sogenannte wertbestimmende Rohstoffe (also Fleisch) aus Österreich stammen. Zutaten, die in Österreich nicht produziert werden können (wie Pfeffer), dürfen aus dem Ausland stammen, allerdings nur ein Drittel ausmachen.

Fünf-Parteien-Antrag nicht umgesetzt

Die Grünen forderten unterdessen ein Gütesiegel-Gesetz um Konsumenten vor Täuschungen zu schützen. Wolfgang Pirklhuber, Agrarsprecher der Oppositionspartei, kritisierte, dass ein Fünf-Parteien-Antrag von Oktober 2009 in Sachen Lebensmittelkennzeichnung "bis heute von der Regierung nicht umgesetzt wurde". Im Antrag haben SPÖ, ÖVP, FPÖ, BZÖ und Grüne unter anderem gefordert, die Bundesregierung soll dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage liefern, die klare Regeln betreffend Gütezeichen enthält, "um nachhaltig erzeugte, und/oder anderwärtig hochwertige Produkte der Ernährungswirtschaft bzw. Dienstleistungen durch entsprechende Gütezeichen auszuzeichnen".

Aktuell wird bei der Schwerpunktaktion nach Spuren von Schwein, Rind, Schaf, Pute, Huhn und Pferd gesucht. Geht es nach der FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein dann sollen die Kontrollen auch auf Hunde- und Katzen-DNA ausgeweitet werden. "Man müsse sich fragen, ob wirklich nur Pferde aus Rumänien verarbeitet wurden und nicht auch Katzen oder Hundefleisch von den zigtausenden streunenden 'Straßenkötern', so die Abgeordnete in einer Aussendung.

243 amtliche Proben bisher

Bei der Suche nach nicht deklarierten Pferdefleisch-Anteilen in Lebensmitteln sind in Österreich bisher 243 amtliche Proben gezogen worden. Laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) wurden rund 100 davon bereits untersucht. Fündig wurden die Prüfer bisher in Tortelloni, Kärntner Wurstprodukten und einem Kebab-Spieß.

Bei der AGES in Wien waren bis Freitag 130 Proben eingelangt, davon wurden 54 analysiert. In der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Wien sind bisher 42 Proben eingetroffen, 35 wurden bereits untersucht. Gestern wurde bekannt, dass in einer Probe eines Kebap-Spießes neben Rind-, Kalb- und Putenfleisch auch Pferde-DNA nachgewiesen wurde. Der betroffene Betrieb bezog den Spieß von einem Händler in der Slowakei.

Bei der Landesuntersuchungsanstalt Vorarlberg liegen 41 Proben vor, 18 wurden bereits analysiert. In Kärnten sind bisher 30 Proben eingetroffen.

(APA)

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