Volksbefragung: Warum es beim Parken egal ist, was Wien wählt

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Fragestellung beim Thema Parkraumbewirtschaftung sorgt wenige Tage vor Beginn der Wiener Volksbefragung für Dissonanzen in der rot-grünen Stadtregierung.

Wien. Sie ist der Grund, warum es die Wiener Volksbefragung überhaupt gibt: die Frage zur Parkraumbewirtschaftung, die durch 150.000 Unterschriften de facto erzwungen wurde (sie wurden von VP, FP und ÖAMTC gegen die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung gesammelt).

Vom 7. bis 9. März stimmen die Wiener aber nun nicht über Parkgebühren an sich ab, sondern nur, ob es Lösungen für einzelne Bezirke geben oder eine generelle Parkraumregelung eingeführt werden soll (siehe Infokasten). Die Fragestellung sorgt wenige Tage vor Abstimmungsbeginn für Dissonanzen in der rot-grünen Stadtregierung. Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou musste am Montag ausrücken, um die grüne Position zu verteidigen: „Ich empfehle, für Antwort A) zu stimmen, mit der die Parkraumbewirtschaftung künftig zentral vorbereitet werden kann.“ Diese klare Wahlempfehlung vertrat Vassilakou, obwohl die Grünen im Vorfeld noch erklärt hatten: Es wird keine Abstimmungsempfehlung geben – die Wiener sind mündig genug, selbst zu entscheiden. Das ist nun offenbar anders.

Es ist kein Zufall, dass ihr Vorstoß (sie hofft, mit diesem Votum widerspenstige Bezirke zu entmachten und die Parkraumbewirtschaftung selbst regeln zu können) exakt am Montag kam – einen Tag nach dem Auftritt von vier SP-Bezirksvorstehern. „Wir wollen uns vom Rathaus keine weitere Parkpickerl-Ausdehnung diktieren lassen“, erklärte am Sonntag der Sprecher der SP-Bezirkschefs, der Floridsdorfer Heinz Lehner. Deshalb forderten die SP-Politiker die Wiener auf, bei der Volksbefragung gegen Vassilakou, also für Antwort B), zu stimmen – damit die Bezirke weiterhin allein entscheiden können. Denn gerade die roten Flächenbezirke fürchten den Zorn der SP-Wähler, die aus Protest zur FPÖ überlaufen könnten, falls ihnen Vassilakou ein Parkpickerl verordnet. Auch Bürgermeister Michael Häupl macht Stimmung gegen Vassilakou, wenn auch sanfter – nachdem die mächtigen roten Bezirkschefs ihn gedrängt haben.

Damit herrscht in Wien der Krieg jeder gegen jeden. Also Rot gegen Grün, Stadtregierung gegen ÖVP, die FPÖ gegen alle. Die FPÖ setzt auf Fundamentalopposition und führt einen Zwischenwahlkampf vor der Nationalratswahl. Sie forderte am Montag die Wiener dramatisch auf, den Stimmzettel sofort zu zerreißen. Die ÖVP wiederum empfiehlt, bei der Frage zur Parkraumbewirtschaftung ungültig zu wählen, weil nicht über die Ausweitung an sich abgestimmt werden darf – trotz der damals 150.000 gesammelten Unterschriften gegen die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf mehrere Bezirke jenseits des Gürtels. Die ÖVP hatte damit kurz ein Zwischenhoch in der öffentlichen Aufmerksamkeit erreicht (rund 55.000 Unterschriften wären für eine Volksbefragung notwendig gewesen), Rot-Grün wurde überrumpelt. „Über Gebühren darf laut Stadtverfassung nicht abgestimmt werden“, erklärten Häupl und Vassilakou. Sie ließen das Votum nicht zu und machten stattdessen ihre eigene, anders formulierte Befragung. Der Anlassfall liegt nach Berufung der ÖVP nun beim Höchstgericht.

Am Ende entscheidet der Bezirkschef

Im politischen Machtgerangel wird eines freilich übersehen – oder spielt für die Akteure auch keine Rolle: Es ist im Grunde völlig gleichgültig, wie die Wiener bei der Parkraumfrage abstimmen – es wird sich in der Praxis nichts ändern. Votiert die Bevölkerung für Option B), bestimmen weiter die Bezirksvorstehung, wo und ob eine (gebührenpflichtige) Kurzparkzone errichtet wird.

Stimmen die Wiener für Antwort A), entscheidet in letzter Konsequenz ebenfalls der Bezirkschef. Das regelt zumindest die Wiener Stadtverfassung. Demnach kann Vassilakou zwar eine (gebührenpflichtige) Kurzparkzone verordnen, die Bezirke müssen aber die Schilder aufstellen. Verweigert das ein Bezirk, gilt die Kurzparkzone als nicht kundgemacht und ist somit ungültig. Einziger Unterschied zur Antwort B): Vassilakou lässt in diesem Fall wienweit erheben, wo es Parkplatzprobleme gibt. Auf Basis dieser Studie wird den Bezirken vorgeschlagen, in diesen Gebieten die Parkraumbewirtschaftung einzuführen. Weigert sich der Bezirk, ist Vassilakou machtlos, wie sie bereits zugegeben hat.

Trotzdem kämpft sie weiter: Mit dem Votum für eine wienweite Regelung, die aber kein flächendeckendes Parkpickerl vorsieht, würde der Druck auf die Bezirksvorsteher so groß, dass diese sich freiwillig beugen, so das Ziel. Das ist freilich ein frommer Wunsch. Die roten Bezirkschefs lassen sich von Vassilakou nichts vorschreiben, wie bereits zu sehen war. Und die schwarzen Bezirkschefs initiieren im Ernstfall eine Bezirksbefragung, wie zuletzt in Währing, um sich die Ablehnung des Parkpickerls von der Bezirksbevölkerung absegnen zu lassen. Damit bleibt alles beim Alten: Vassilakou darf sich etwas wünschen, die Bezirkschefs entscheiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2013)

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