Die Vorfälle seien "zutiefst kriminell und zu verurteilen", sagt der Gesundheitsminister. Die Opposition kritisiert den Kompetenzdschungel.
Der Pferdefleischskandal ist nun auch im Parlament angekommen - nicht in der Kantine, aber in einer "Aktuellen Stunde" auf Antrag des BZÖ. BZÖ-Chef Josef Bucher kritisierte in der Sitzung am Mittwoch, dass die Kontrollinstanzen und die politische Verantwortung "gescheitert" seien und "versagt" hätten. Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) bewarb vor den Parlamentariern seinen Gesetzesvorschlag betreffend eine Strafverschärfung für falsche Lebensmittelkennzeichnung.
"Es ist nicht 'Wurst', was wir essen", findet Bucher. Es brauche ein allgemein gültiges Gütesiegel für Produkte, bei denen 100 Prozent Österreich drin sei - freiwillig und mit strengen Kontrollen. Das AMA-Gütesiegel sei nicht das, was die Österreicher wollten, brauche doch bis zu einem Drittel der Inhaltsstoffe nicht aus Österreich sein. Kritik übte er auch am "Kompetenzdschungel" und den Strafen, denn man habe kaum Strafrahmen, die abschrecken. Notwendig seien höhere Strafrahmen, unter Umständen auch Haftstrafen.
"Bewusste Falschdeklaration"
Beim Pferdefleischskandal handle es sich um ein europaweites Problem von bewusster Falschdeklaration, das sei "zutiefst kriminell und zu verurteilen", betonte Stöger. Pferdefleisch sei prinzipiell nichts Schlechtes, aber es gehe darum, dass die Konsumenten das Recht haben zu wissen, was sie essen.
Wenn Skandale auffliegen, zeige das, dass die Kontrollen besser seien, unterstrich Stöger. Es dauere aber zu lange, bis man die Verursacher finde. Man brauche europäische Antworten, forderte er eine elektronische Rückverfolgungsdatenbank. Er wolle einen Ausbau der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung und werde weiter dafür kämpfen, versicherte der Minister. Auch möchte er die Strafen im Lebensmittelrecht verbessern (DiePresse.com berichtete), "die bisher verhängten Strafen sind ein Hohn". Vorstellen kann sich der Minister auch eine Abschöpfung des unredlichen Gewinns. Weiters ist er der Meinung, dass ein staatliches Gütesiegel helfen würde, die Qualität im Wettbewerb zu steigern. Zum Schluss versuchte es Stöger noch mit Beruhigung: "Man braucht keine Angst zu haben, dass die Pizza das Dressurreiten gewonnen hat."
Attacken des Koalitionspartners
Vom Koalitionspartner wurde Stöger nicht mit Unterstützung belohnt - ganz im Gegenteil schoss sich ÖVP-Mandatarin Gabriele Tamandl auf den Gesundheitsminister ein. Stöger sei aufgefordert zu handeln und solle nicht ablenken, meinte sie. Die Kritik am AMA-Gütesiegel kann Tamandl nicht nachvollziehen, sie bezeichnete es vielmehr als "sehr gutes" Gütesiegel. Und wenn Pferdefleisch ohnehin so gut sei, warum habe dann der betroffene Kärntner Fleischereiunternehmer nicht draufgeschrieben, was in seinen Produkten sei, fragt sich die Abgeordnete. Man brauche eine klare Rückverfolgbarkeit von Fleisch, und in einem erstem Schritt eine Kennzeichnung von Fleisch in Fertiggerichten.
Heftige Kritik an der EU übte wiederum FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Man handle nach dem Motto "Ob Pferd oder Rind, im Magen kommt dann eh alles zusammen". Man sei nicht bereit, die "allmächtige" Nahrungsmittelindustrie in die Schranken zu weisen. Die Agrarpolitik der EU sei grundsätzlich verfehlt. Betrüger müssten mit massiven Konsequenzen rechnen, hier müsse man tätig werden, forderte Strache.
"Preisdruck lädt zu Betrug ein"
Grünen-Chefin Eva Glawischnig monierte, dass das System unter dem hohen Preisdruck geradezu zu Betrug einlade, und das gehöre geändert. Die Lösung sehen die Grünen in der Rückkehr zur Regionalisierung. Das AMA-Gütesiegel habe im Übrigen einen "Riesenschönheitsfehler", denn bei der Schweinemästung dürfe Gentechnik verwendet werden. Mit den "teilweise extrem irreführenden" Kennzeichnungsregelungen gehöre aufgeräumt.
Erich Tadler vom Team Stronach übte ebenfalls Kritik an der Agrarmarkt Austria (AMA) und forderte mehr Transparenz bei deren Tätigkeit: "Was nutzen uns höhere Strafen, wenn es keine flächendeckende Kontrolle gibt?"
(APA)